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Grüne Woche Die Entdeckung der Welt

Wurst, Suppen, Baumkuchen: Lebensmittelhersteller aus Sachsen-Anhalt versenden ihre Produkte rund um den Globus.

18.01.2016, 23:01

Berlin l Sachsen-Anhalt hat für die Grüne Woche das Standkonzept überarbeitet: die Halle wirkt heller, das Ambiente moderner. Viel Platz zwischen den Ständen ist dennoch nicht. Besucher drücken sich am Montag durch die engen Gassen. An der Seite, gleich vor dem Logo des Backmischungen-Produzenten Kathi aus Halle, steht Rainer Thiele. Der Andrang gefällt dem Senior, der schon lange seinem Sohn Marco die Geschäfte übertragen hat. Doch die Grüne Woche lässt er sich nicht nehmen. Es ist seine 26.

Dem neuen Standkonzept fehle die individuelle Note, sagt Thiele. Über sein erstes Mal auf der Messe will er dann aber doch nicht reden. Nur so viel: „Da haben wir uns deutlich verbessert.“ Thiele und Kathi – eine Tradition auf der Grünen Woche. Die Beziehung zwischen den Hallensern und ihren Kunden ist mit den Jahren enger geworden. Zwar werden nach wie vor die meisten Backmischungen im Supermarkt verkauft. Der Verbraucher kann inzwischen aber auch direkt bei Kathi bestellen. „Der Kontakt mit den Menschen hier auf der Grünen Woche ist sehr wichtig für unser Geschäft“, erzählt Geschäftsführer Marco Thiele. Neben dem Online-Shop hat Kathi seit 2014 auch einen Kuchen-Konfigurator im Angebot. Kunden stellen im Internet ihren Wunsch-Kuchen zusammen, der dann vom Postboten nach Hause geliefert wird. „Unsere Umsätze im Versandgeschäft nehmen von Jahr zu Jahr zu“, so Thiele.

Für die 85 Aussteller aus Sachsen-Anhalt gibt es kaum bessere Werbung als den Sachsen-Anhalt-Tag. Ministerpräsident Reiner Haseloff hat am Montag seine Kollegen, Wirtschaftsminister Hartmut Möllring und Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (alle CDU), im Schlepptau. Auch Linken-Spitzenkanditat Wulf Gallert gesellt sich unter die Schlemmenden. Kamerateams, Journalisten und Fotografen folgen. Sekt, Baumkuchen, Bockwurst und Bier stehen unter anderem auf der Speisekarte von Haseloff und seiner Frau Gabriele.

„Er mag Hochzeitssuppe, sie Erbsensuppe“, sagt Unternehmerin Antje Mandelkow. Es ist ihre vierte Grüne Woche. 2009 hat die 45-Jährige 1,7 Millionen Euro in die Hand genommen und ihren Traum verwirklicht. Heute werden in Kläden im Landkreis Stendal von 23 Mitarbeitern rund 3500 Dosensuppen pro Tag hergestellt. Etliche Handelsriesen führen mittlerweile die Suppen aus der Altmark. „Unsere Hochzeitssuppe macht rund 60 Prozent des Umsatzes aus“, sagt Mandelkow. Selbst in den alten Bundesländern sind die Fertigportionen gefragt. Den Umsatz von rund einer Million Euro erwirtschaftet die Klädener Suppenmanufaktur aber auch im Internet. Mandelkows Kreationen sind sogar schon mal bis nach Australien versandt worden: „Nach der Grünen Woche nehmen die Bestellungen traditionell zu.“

Die Klädener Suppenmanufaktur steht exemplarisch für die vielen kleinen Aussteller aus Sachsen-Anhalt: Die Marke ist in der Region gewachsen und fest verankert. Aus dieser Position heraus versuchen die Firmen, das Geschäft weiter auszubauen. Die Grüne Woche ist dabei das Experimentierfeld für neue Produkte.

Die Wacholder-Salami der Altmärker Fleisch- und Wurstwaren kommt demnächst auch bei Ministerpräsident Reiner Haseloff auf den Tisch. „Die Grüne Woche ist für die Ernährungswirtschaft in Sachsen-Anhalt eine gute Plattform, um Kontakte zu knüpfen. Und die Unternehmen sind dabei, dank hervorragender Qualität auch erfolgreich“, sagt Haseloff. Wulf Gallert hat bei seinem Rundgang vor allem den Mut der Unternehmen erkannt, zu expandieren: „Bei vielen regionalen Marken ist an der Landesgrenze nicht Schluss. Der Kontakt mit den Endverbrauchern beflügelt das Geschäft im Internet.“

Die Augen von Andreas Seifert, stellvertretender Geschäftsführer bei Harzer Blasenwurst, strahlen, wenn er an die Wochen nach dem Messeauftritt im vergangenen Jahr denkt. „Der Wurstversand hat um 300 Prozent zugelegt. Etwa 15 Pakete verlassen täglich unsere Produktion“, erklärt er. Auch bei den Feinbäckern von Baumkuchen Salzwedel ist das Geschäft auf Versand eingestellt. „Wir verschicken 75 Prozent unserer Produkte. Bestellungen haben wir aus der ganzen Welt“, sagt Christine Völk, eine Vertriebsmitarbeiterin.

Doch nicht überall in Sachsen-Anhalts Nahrungsmittelindustrie ist die Stimmung gut. Die Erzeugerpreise für Milch und Schweine sind im vergangenen Jahr wieder gesunken. Auch das Russland-Embargo setzt der Wirtschaft zu. „Wir können nicht länger zuschauen“, erklärt Landwirtschaftsminister Aeikens. Gemeinsam mit Regierungschef Haseloff habe er ein Programm geschnürt. Damit soll den Bauern unter die Arme gegriffen werden.