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Magdeburg AfD-Anhänger feiern Höcke

Rund 600 Menschen haben am Mittwoch gegen „Asyl-Chaos“ demonstriert. Männer wie Frauen, Alte und Junge machten ihrem Ärger Luft.

28.01.2016, 17:42

Magdeburg l Bumm. Bumm. Bumm. Der Domplatz wird mit Technomusik beschallt. Eine Viertelstunde vor Beginn der AfD-Demo scheint es so, als wären mehr Kamerateams als Demonstranten gekommen. Der große Platz ist noch leer.

Als ein Kameramann mit Filmaufnahmen beginnt, stürmt plötzlich ein Mann auf ihn zu und beschimpft ihn. Erst will sich Torsten Götze nicht filmen lassen, dann stellt er sich dem ZDF-Team. „Ich bin kein Nazi“, sagt er. „Ich habe Angst um meine Familie.“ Es gebe schon jetzt nur wenige Jobs für Menschen „mit geringer Bildung“ – wie sollten da die ganzen Flüchtlinge integriert werden?, fragt der Magdeburger. „Wir werden in der Asyldebatte belogen.“ Die AfD sei die einzige Partei, die noch den Durchblick habe. „Bisher habe ich immer CDU gewählt. Aber das ist jetzt vorbei.“

Torsten Götze läuft zur Bühne. Als dort der erste Redner ans Pult tritt, erschallen sofort die Rufe „Merkel muss weg!“. Jan Schmidt, Landeschef der Jugendorganisation Junge Alternative, prangert die „Lügen der Asylindustrie“ an. In der Menge jubelt ihm auch ein Mann mit russischer Fahne zu. Warum, das möchte er gegenüber der Presse nicht erklären.

Da ist er nicht der Einzige. Viele reden nicht mit Journalisten. Diejenigen, die es doch tun, sagen, sie wollen „gegen das System“ protestieren. Deswegen ist auch Waltraud Klemke gekommen. Das Programm der AfD interessiere sie eigentlich nicht, sagt die 74-Jährige. Zur Landtagswahl will sie die Partei aber wählen. „Die anderen verhindern den Zustrom von Flüchtlingen ja nicht.“

Dass sie mit ihrer Meinung nicht allein dasteht, lässt sich an den Umfragewerten der AfD ablesen. Die klettern höher, 15 Prozent wurden ihr zuletzt bescheinigt. Kurios ist, dass an der Demo in Magdeburg immer weniger Leute teilnehmen. Im Oktober sind es noch 2000 gewesen, am Mittwoch nur noch 600. Die eine typische AfD-Klientel gibt es nicht: Es kommen Männer wie Frauen, Alte wie Junge, welche mit FCM-Mütze und welche im Anzug.

Als der Demonstrationszug beginnt, marschiert auch Horst Friedrich mit. Die Standard-Parolen „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ oder „Heute tolerant, morgen fremd im eignen Land“ ruft er nicht mit. Doch mit dem Protest identifiziert er sich. Der Hermsdorfer ist CDU-Mitglied, hat sich viele Jahre im Ortsverband engagiert. „Wissen Sie“, sagt er. „Da war immer kein Geld da. Nicht für die Kommunen, nicht für Schulen, nicht für Kinder. Jetzt, wo die Flüchtlinge da sind, gibt es Milliarden. Plötzlich geht alles.“ Das müsse „friedlich und demokratisch“ geändert werden.

Als die Menge an der Staatskanzlei vorbeizieht, fordert AfD-Landeschef André Poggenburg: „An Herrn Haseloff einen schönen Gruß!“ Auf sein Kommando hin schallt es aus Hunderten Kehlen: „Wir sind das Volk!“ Später auf der Bühne spricht er von der „historischen Chance, eine deutsch-nationale Partei felsenfest im Parlament zu verankern“ – zur Landtagswahl hofft er „auf 20 Prozent oder mehr“. Die AfD stehe für die „Obergrenze Null“.

Sein Applaus fällt ordentlich aus, reicht aber lange nicht an den von Björn Höcke heran. Der wird schon vor seiner Rede gefeiert („Höcke, Höcke“). Dann liefert er. Als Höcke gegen Bundespräsident Joachim Gauck austeilt, antwortet die Menge mit „Volksverräter“-Rufen. Der deutsche Sozialstaat stehe vor dem Scheitern, schimpft Höcke. „Verantwortlich dafür sind sämtliche Altparteien, von den links-grünen-Multikulti-Ideologen bis zur zeitgeistkastrierten CDU.“ Die Menge kreischt.

Zum Abschluss soll es besinnlicher werden. Die Nationalhymne steht an. Weil das zuletzt mit Playback misslang, wird heute a cappella gesungen. Nicht alle sind textsicher. Aber Stolz steht in den Gesichtern.