1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Hoher Schaden durch Schwarzfahrer

Kriminalität Hoher Schaden durch Schwarzfahrer

In Sachsen-Anhalt werden jährlich mehr als 64 000 Schwarzfahrer erwischt. Nur acht Prozent der Fälle landen beim Staatsanwalt.

Von Matthias Fricke 22.02.2016, 00:01

Magdeburg l Zehntausende Schwarzfahrer bringen jährlich den Verkehrsunternehmen in Sachsen-Anhalt hohe Einnahmeausfälle. Doch konkrete Zahlen gab es bisher nicht. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen schätzt deutschlandweit den Schaden im Jahr auf 25 Millionen Euro.

Mehr Aufschluss ergibt sich nun aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Ralf Wunschinski. Danach wurden in Sachsen-Anhalt im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Jahr 2014 rund 43 000 und im Schienenpersonenahverkehr (SPNV) etwa 21 000 Menschen ohne gültige Fahrkarte erwischt. Letztere Zahl sei aber ungenau, da verschiedene Tarifbereiche bei den Bahnen gelten und somit schwer herausgerechnet werden könnten, heißt es in dem Papier.

Für 2015 gibt es noch keine vollständige Angaben, die Tendenz ist aber leicht rückläufig. Nur jede zweite Forderung nach einer Schwarzfahrt konnte 2014 vom ÖPNV eingetrieben werden, beim SPNV lag die Quote der nicht einzutreibenden Forderungen bei 60 bis 80 Prozent.

Die Großstädte Magdeburg mit jährlich 42 Millionen Fahrgästen und Halle mit 50 Millionen Fahrgästen stechen dabei heraus. So registrierten allein die Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) im Jahr 2014 etwa 17 000 Schwarzfahrten. Das Unternehmen wollte dies nicht weiter kommentieren. MVB-Sprecher Tim Stein: „Wir geben zu dem Thema generell keine Auskunft.“ Die Sprecherin der Stadtwerke Halle, Iris Rudolph, ist auskunftsfreudiger: „Bei der Halleschen Verkehrs AG werden jährlich 24 000 Schwarzfahrer erwischt.“ Das dabei fällige „erhöhte Beförderungsentgelt“ von 60 Euro zahlten aber nur 33 Prozent, so dass ein Inkassounternehmen eingeschaltet werden musste.

Und es geht immer rabiater zu. So wurden in Halle elf Kontrolleure im vergangenen Jahr verletzt. 2014 waren es noch acht, davor das Jahr sechs.

Strafanzeige wegen des „Erschleichens von Leistungen“ erstattete die HAVAG von den 24 000 Fällen etwa 1600-mal, im Vorjahr waren es 990. Rudolph: „Wir machen das nur bei Wiederholungstätern oder Polizeieinsätzen.“

Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Klaus Tewes von der Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg landeten in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr 5145 solcher Verfahren (2014: 5391) bei der Justiz. In fast allen Fällen des „Erschleichens von Leistungen“ handelte es sich um Schwarzfahrer. Von den 5145 Verfahren kamen nur 657 zur Anklage. 613-mal erließ die Justiz einen Strafbefehl. „Der Rest der Verfahren wurde wegen geringer Schuld oder nicht hinreichenden Tatverdachts eingestellt“, so Tewes.

Jeder vierte Beschuldigte war wegen dieses Delikts im vergangenen Jahr ein Ausländer. 2012 lag die Quote noch bei 8,6 Prozent. Die Verkehrsunternehmen reagierten mit mehrsprachigen Flyern, wie man an Fahrscheine kommt.