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Familienstudie Familien beklagen hohe Belastungen

Geldmangel, Zeitmangel und Schichtarbeit machen Familien in Sachsen-Anhalt zu schaffen. Das geht aus einer neuen Studie hervor.

25.02.2016, 23:01

Magdeburg l Vier von fünf Befragten halten ihr Wohnumfeld für kinderfreundlich – doch nur 60 Prozent der Sachsen-Anhalter empfinden das auch für ihr Land. Das belegt eine neue repräsentative Familienstudie, die die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Auftrag gegeben hat. Im Sommer 2015 hat das Zentrum für Sozialforschung Halle (ZSH) dafür 1000 Sachsen-Anhalter im Alter von 18 bis 79 Jahren befragt – sowohl Eltern und Großeltern als auch Kinderlose.

FES-Landesbüroleiter Ringo Wagner ist von dem Ergebnis überrascht. „40 Prozent schätzen Sachsen-Anhalt als nicht kinderfreundlich sein – das ist eine hohe Zahl“, sagt er. Eine mögliche Erklärung: „Mein Wohnumfeld kann ich mir selbst suchen, das Bundesland wechselt man dagegen nicht so schnell“, sagt Sabine Böttcher vom ZSH.

Im März soll die Studie veröffentlicht werden. Die Volksstimme durfte vorab Einblick nehmen. Die Ergebnisse:

Kinderbetreuung: Mehr als 80 Prozent der Befragten sind mit der Kinderbetreuung zufrieden oder sehr zufrieden. Ein großes Problem stellen für viele Eltern jedoch die Kita-Schließzeiten im Sommer dar: 54 Prozent der Mehrkindfamilien und 34 Prozent der Einkindfamilien sind unzufrieden. Am häufigsten springen die Großeltern ein, wenn die Eltern nicht selbst freinehmen können.

Finanzielle Belastungen: Bei den Elternbeiträgen für die Kinderbetreuung geht die Schere auseinander: Während 75 Prozent der Mehrkindfamilien die Kosten für Kita und Hort als große Belastung empfinden, sind es bei den Einkindfamilien nur 46 Prozent. Doch das ist nicht die einzige Belastung für den Geldbeutel der Eltern. „Wenn die Kinder in die Schule kommen, entscheiden sich viele für getrennte Kinderzimmer. Die Mietkosten steigen auch“, erklärt Sabine Böttcher. 65 Prozent aller Befragten haben zudem angegeben, dass der gemeinsame Urlaub eine große finanzielle Belastung ist (bei Mehrkindfamilien: 85 Prozent).

Bürokratische Hürden: Gerade Familien mit Finanzsorgen wissen oft nicht, dass es finanzielle Unterstützungsleistungen des Staates gibt, verstehen diese nicht oder empfinden die Anträge als zu kompliziert. Laut der Studie ist das bei mehr als der Hälfte der Betroffenen der Fall.

Organisatorische Belastungen: Während die Eltern mit einem geringen Haushaltseinkommen vor allem über Schichtarbeit klagen, haben die Eltern mit mittleren und höheren Einkommen vor allem mit Überstunden zu kämpfen. Grundsätzlich thematisierten Frauen in der Umfrage die Belastungen stärker als Männer. „Die Studie belegt, dass die Frauen bei der Betreuung der Kinder weiter stärker drinstecken“, sagt Sabine Böttcher.

Kinderwunsch: Für den Kinderwunsch ist die Höhe des Familieneinkommens zunächst unbedeutend. „Ein Kind ist für viele eine Lebenseinstellung, das gehört einfach dazu“, erklärt Böttcher. Auffällig ist jedoch, dass sich das mit dem zweiten Kind ändert: Die meisten Sachsen-Anhalter entscheiden sich nur dann dafür, wenn sie über ein entsprechendes Einkommen, genügend Zeit und Wohnraum verfügen.

Die Ergebnisse der Studie passen ins Bild. Viele Eltern im Land haben zuletzt über gestiegene Kita-Kosten geklagt. Alle Parteien wollen das Kinderförderungsgesetz nach der Landtagswahl überarbeiten.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung will die Studie besonders bei Unternehmen und Behörden bekannt machen. Ringo Wagner sagt: „Die Studie zeigt nämlich auch, dass sich Kinderlose die Belastungen von Familien oft überhaupt nicht vorstellen können. Dafür müssen sie sensibilisiert werden.“