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Flüchtlinge Streit um Wohnortpflicht entbrannt

Sachsen-Anhalts CDU geht auf Abstand zu Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der eine Wohnortpflicht für Flüchtlinge fordert.

26.02.2016, 23:01

Magdeburg l Bisher können anerkannte Flüchtlinge ihren Wohnort in Deutschland frei wählen. Bundes-innenminister Thomas de Maizère (CDU) will das ändern: Er fordert eine zeitlich begrenzte Wohnsitzpflicht, „um Ballungsräume von den Risiken einer Ghettobildung zu entlasten“.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) lehnt das ab. Haseloff befürchtet eine bundesweite Umverteilung von Hartz-IV-Empfängern aus westdeutschen Ballungszentren wie in Nordrhein-Westfalen, aus Hamburg oder Berlin in die Ost-Länder. Auf Sachsen-Anhalt kämen steigende Kosten zu. Denn sobald Flüchtlinge anerkannt sind, haben sie Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen. Für Wohnungskosten kommen die Kommunen auf. „Das lehnen wir klar ab“, sagte Haseloff der Volksstimme.

Reden könne man über Auflagen innerhalb eines Bundeslandes, die dürften aber nicht bundesweit ausgedehnt werden. „Wer anerkannt ist, geht dorthin, wo er eine bessere Chance auf einen Job hat. Die Aufnahmefähigkeit unseres Arbeitsmarktes in Sachsen-Anhalt ist begrenzt.“

Unterstützung bekommt Haseloff von den Landkreisen. Der Präsident des Landkreistags, Salzwedels Landrat Michael Ziche (CDU), meint: „Wo viele Wohnungen leer stehen, gibt es oft auch wenige Arbeitsplätze.“ Ziche warnt vor „erheblichen“ Belastungen für einzelne Regionen: „In Mansfeld-Südharz haben wir seit Jahren große Probleme mit Langzeitarbeitslosen. Wenn dort jetzt noch viele Flüchtlinge zugewiesen werden, die wegen fehlender Jobs alle ins Hartz-IV-System rutschten, verschärft das die Situation weiter.“ Sollte die Bundesregierung dennoch eine Wohnortpflicht durchsetzen, müsse über eine völlig neue Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Sachsen-Anhalts gesprochen werden, fordert Ziche.

Sachsen-Anhalts SPD weist Haseloffs Kritik zurück und stützt die Linie der Bundesregierung. Landeschefin Katrin Budde hält einen zeitlich begrenzten Eingriff in die Bewegungsfreiheit für geboten. „Das haben wir mit den Russland-Deutschen auch gemacht und war sehr erfolgreich.“ Durch die Wohnortpflicht bekämen Sachsen-Anhalts Kommunen bei Wohnungen, Schulen und Kitas Planungssicherheit. „Wer einen Job woanders findet, kann ja dort hingehen. Aber viele werden auch in Duisburg keine Arbeit haben.“

Auch der Verband der Wohnungswirtschaft befürwortet eine Wohnsitzpflicht. „Wir müssen doch wissen, wie viele Wohnungen wir vorhalten müssen“, sagt Direktor Jost Riecke. „Im Moment weiß man nicht, ob die Flüchtlinge am nächsten Tag noch da sind.“

2015 waren 41 000 Flüchtlinge nach Sachsen-Anhalt gekommen. Gut 5000 von ihnen sind inzwischen anerkannt. Von den 36 000 Noch-nicht-Anerkannten sind etwa 7000 bereits vor Abschluss ihres Verfahrens weitergezogen.