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Hochschulen Professoren-Mangel nervt Studenten

Dozenten mit geringen Fachkenntnissen, langes Warten auf Noten und Wochenend-Seminare: Zustand in der Hochschule Magdeburg-Stendal?

Von Hagen Eichler 28.03.2016, 01:01

Magdeburg l Der Ton ist höflich, der Inhalt aber hat es in sich: Ein offener Brief übt heftige Kritik an den Studienbedingungen in Sachsen-Anhalts zweitgrößter Fachhochschule. Absender des Papiers ist der Studierendenrat (Stura), die gewählte Vertretung der 6400 Immatrikulierten. „Die Studierenden fürchten, nicht ausreichend auf ihr späteres Berufsleben ... vorbereitet zu werden“, heißt es in dem Brief.

Aus Sicht des Stura fehlt es vor allem an Personal. Viele Professuren seien unbesetzt, die Vertreter nicht ausreichend qualifiziert und externe Experten wüssten oft nicht einmal, was bereits gelehrt wurde und was nicht.

Ein anderes Ärgernis: die vielen Seminare am Wochenende. „Von den Lehrbeauftragten kommen viele von auswärts, die können werktags gar keine Veranstaltungen anbieten“, sagt Stura-Mitglied Anke Weinreich. Die Folge: Der Stoff wird am Stück behandelt, von Freitagmittag bis zum Abend und sonnabends vom Morgen bis zum Nachmittag.

Eigenes Durchdringen und Reflektieren des Stoffs wird so erschwert, alles wird in kürzester Zeit eingepaukt und schnell wieder vergessen. „Bulimie-Lernen“ nennt die 28-jährige Journalistik-Studentin das.

Ihr Kommilitone Christian Piatkowski hatte in einem Semester jedes Wochenende bis auf eines mit solchen Blockseminaren verplant. „Für Studierende mit Kindern erschwert das das Leben sehr“, sagt er - zumal am Sonnabend auch die Kinderbetreuung der Hochschule geschlossen ist.

Bummelei beim Lehrpersonal ist ein anderes Ärgernis. Mancher Dozent erteile die Note erst nach mehreren Semestern, klagen die Studenten. Wer die Noten für seinen Bafög-Antrag braucht, bekomme Probleme. Das gleiche gilt bei Bewerbungen um Praktika und Stipendien. Gerügt werden zudem Professoren ohne didaktische Fähigkeiten, fehlende Vorbereitung auf wissenschaftliches Arbeiten, zu niedrige Anforderungen.

Auch Professoren halten einige Kritikpunkte für berechtigt. „Offen gesagt wundere ich mich, dass diese Kritik erst jetzt kommt“, sagt Jürgen Wolf, Studiendekan am Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen. Teilweise gebe es einen „eklatanten Mangel an Professoren“.

Grund dafür ist eine Welle an Pensionierungen. 25 Jahre nach Gründung der Hochschule gehen Professoren reihenweise in den Ruhestand. „Die jetzige Studierendengeneration hat es dadurch einfach schwerer als ihre Vorgänger“, urteilt der Professor. Mit einer beschleunigten Stellenbesetzung versucht die Hochschule gegenzusteuern. Dennoch: Mindestens ein Jahr dauert das Verfahren.

Anne Lequy, die Rektorin der Hochschule, reagiert erstaunt auf die Vorwürfe des Stura.

In den akademische Gremien, wo solche Kritik hingehöre, sei die Mitarbeit der Studenten mau. „Viele sind nach der ersten Sitzung überhaupt nicht mehr sehen“, kritisiert sie.

Überbordende Wochenend-Verpflichtungen sieht indes auch Lequy kritisch. „Wenn man nur noch ein Wochenende im Semester frei hat, läuft etwas falsch, das geht so nicht.“ Auch lange Wartezeiten auf Noten räumt sie ein, es gebe unter den Lehrenden einige schwarze Schafe.

Mangelnde Qualität in der Lehre weist die Rektorin strikt zurück und verweist auf Ergebnisse einer Absolventenbefragung. „Die zeigt, dass 75 Prozent mit der Betreuung zufrieden oder sehr zufrieden sind.“

Besser werden soll in jedem Fall die Gesprächskultur: Lequy hat den Stura jetzt zu einem Treffen in ihr Büro eingeladen. Es wäre das erste.