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Junge Rechte "Identitäre" im Visier des Verfassungsschutz

Die "Identitäre Bewegung" rühmt sich für das Zumauern einer Tür zu einem Wahllokal. Das Neonazi-Klischee will auf sie nicht recht passen.

15.05.2016, 11:03

Magdeburg (dpa) l Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalts hat nach eigenen Angaben "ein Auge auf die "Identitäre Bewegung" geworfen". Der Chef der Behörde, Jochen Hollmann, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir haben Indizien, die in Richtung Rechtsextremismus deuten, aber es ist noch zu früh für einen abschließenden Stempel." Ob auch nachrichtendienstliche Mittel wie V-Leute eingesetzt werden, wollte Hollmann nicht sagen. "Über die Tiefe der Beobachtung geben wir keine Auskunft", sagte er.

Der Referatsleiter Rechtsextremismus beim Verfassungsschutz, Hilmar Steffen, beschrieb die "Identitäre Bewegung" als eine recht junge Gruppierung, die fremden- und islamfeindliche Agitation betreibe. Punktuell weise sie auch personelle Überschneidungen mit rechtsextremistischen Bewegungen auf. Die Organisation selbst bezeichnet sich auf ihrer Website als "metapolitischen und aktivistischen Arm der Neuen Rechten". Ziel sei, die lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Identitäten zu erhalten. Gegen die "seit Jahren stattfindende Masseneinwanderung und Islamisierung" müsse gekämpft werden. Sonst drohe "der große Austausch" – also die angebliche Gefahr, dass die Deutschen durch Einwanderer ersetzt würden.

Die hauptsächlich jungen, männlichen und eher gebildeten Anhänger verwendeten eine "intellektualisierte Rhetorik", sagte Steffen. Straftaten wie Hakenkreuzschmierereien, Körperverletzung und Volksverhetzung vermieden sie. "Das übliche Neo-Nazi-Klischee trifft auf die "Identitäre Bewegung" nicht zu", betonte der Referatsleiter.

Ab Ende 2014 seien die "Identitären" in Sachsen-Anhalt verstärkt in Erscheinung getreten. Seitdem habe sich die Häufigkeit ihrer Aktionen erhöht. Anstatt im Geheimen zu operieren, verbreiteten die Anhänger ihre Aktivitäten offen im Internet, sagte Verfassungsschutz-Chef Hollmann. "Die ganze Bewegung ist auf Öffentlichkeit ausgelegt."

So bekannte sich die Gruppierung auf ihrer Facebook-Seite dazu, im März den Eingang eines Probewahllokals für Migranten in Halle zugemauert zu haben. Außerdem rühmte sie sich für eine Banneraktion im August vergangenen Jahres. Damals entrollten "Identitäre" ebenfalls in Halle ein nach eigenen Angaben 30 Meter langes Banner auf dem Dach eines leerstehenden Hochhauses. Die Aufschrift lautete: "Stopp den Austausch". Anhänger schwenkten die schwarz-gelbe Flagge mit dem Logo der Bewegung: einem gelben Kreis mit Lambda-Zeichen im Inneren auf schwarzem Grund.

Besonders aktiv sei die Bewegung im Jerichower Land und in Stendal, in Magdeburg, in Halle sowie im Harz, sagte Hollmann. Etwas mehr als 1000 Leute haben die Facebook-Seite der Bewegung in Sachsen-Anhalt mit "gefällt mir" markiert. Über die konkrete Zahl der aktiven Anhänger lasse sich aber bislang nur spekulieren, betonte Hollmann.

Wie nah sich "Identitäre" und AfD sind, wollte der Verfassungsschutz-Chef nicht sagen. Im April besuchte der Vorsitzende der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative", Jan Wenzel Schmidt, eine Kerzenaktion der Gruppierung im Harz. Der AfD-Landesvorsitzende Poggenburg sagte damals, man wisse die "Identitäre Bewegung" noch nicht richtig einzuschätzen. Es gebe aber Schnittmengen zu den Zielen der AfD.