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Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt vor dem Stresstest

Der Rechnungshof von Sachsen-Anhalt kritisiert die Landesregierung wegen zu hoher Ausgaben.

Von Michael Bock 28.05.2016, 01:01

Magdeburg l „Sachsen-Anhalt hat nach wie vor große finanzpolitisch Herausforderungen zu meistern“, sagte Rechnungshofpräsident Kay Barthel am Freitag. „Auch die nächsten Jahre werden durch einen erheblichen Konsolidierungsdruck geprägt sein.“ Das Land sei finanzpolitisch noch längst nicht über den Berg, es sei aber beim Aufstieg ein ganzes Stück vorangekommen.

Angesichts der sinkenden Bevölkerungszahl und eines Landesetats von mehr als 10 Milliarden Euro pro Jahr gebe es viele Einspar-Möglichkeiten, sagte er. Tatsächlich aber habe das Land im vorigen Jahr beim Haushaltsvolumen die Schallmauer von 11 Milliarden Euro durchbrochen. Barthel: „Es gab erhebliche Ausgabenaufwüchse in fast allen Bereichen.“ Sachsen-Anhalt habe nicht radikal gespart; vielmehr hätten historisch niedrige Zinsen und sprudelnde Steuereinnahmen für eine günstige Lage gesorgt.

Nach Berechnungen des Finanzministeriums gehen die Einnahmen aber sukzessive zurück – von knapp 11,1 Milliarden Euro im vorigen Jahr auf etwa 9,7 Milliarden Euro im Jahr 2020. Ursachen sind vor allem das Auslaufen des Solidarpakts II und die sinkende EU-Förderung. Barthel: „Die nächsten fünf Jahre werden zum Stresstest für die neue Regierung.“

In Sachsen-Anhalt ist die Pro-Kopf-Verschuldung im vorigen Jahr erstmals seit 1991 leicht zurückgegangen. Aber: Mit 9144 Euro pro Kopf 2015 lag die Verschuldung weiter mit an der Spitze der deutschen Flächenländer. Sachsen-Anhalt steht mit 20,4 Milliarden Euro bei den Banken in der Kreide. Der neue Finanzminister André Schröder (CDU) hatte in einem Volksstimme-Interview erklärt, auch künftig sollten keine neuen Schulden gemacht werden. Zwischen 2011 und 2016 war es gelungen, keine neuen Kredite aufzunehmen.

Allerdings: In den Koalitionsverhandlungen von CDU, SPD und Grünen waren milliardenschwere Mehrausgaben beschlossen worden. Schröder sagte, es gebe keine großen Puffer: „Wir können nicht alles auf einmal schaffen!“ Barthel betonte: „Weder 2016 noch in den Folgejahren bestehen nennenswerte Spielräume für Ausgabenaufwüchse. Neue politische Prioritäten werden ohne Einsparungen in anderen Bereichen nicht finanzierbar sein.“

Zuletzt hatte sich das CDU-SPD-Grünen-Kabinett darauf verständigt, den Kommunen in diesem Jahr zusätzlich 65 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, davon 21 Millionen Euro für die Kinderförderung. In diesem Jahr sollen 270 Lehrer extra eingestellt werden. Die Zahl der Polizeianwärter soll um 100 auf 250 erhöht werden.

Zur Kinderförderung äußerte sich Barthel kritisch. Seit 2005 habe das Land die Zuschüsse von 135 auf 280 Millionen Euro erhöht; trotzdem seien die Elternbeiträge gestiegen. Das jetzt geplante zusätzliche Geld werde wohl vor allem die freien Träger der Einrichtungen entlasten, weniger aber Kommunen und Eltern.