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Parteitag Linke Scharfzüngig statt kraftlos

Die Linke bläst in Magdeburg zu neuem Aufbruch. Die erste Prüfung kommt im Herbst, wenn in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gewählt wird.

Von Steffen Honig 30.05.2016, 01:01

Magdeburg l Helmut Holter, Linken-Chef in Mecklenburg-Vorpommern, gab dafür die Devise aus, die Große Koalition von der Macht zu verdrängen und die AfD klein zu halten. Lucia Schnell aus Berlin mahnte ein eigenständiges Profil an und erklärte. „Die Linke ist die Protestpartei.“ Der Kampf gegen den Rechtsruck durchzieht die Diskussion wie ein roter Faden.

Ronda Kipka vom linken Studentenverband forderte eindringlich dazu auf, „in allen Städten und Orten Bündnisse zu bilden, die den rechten Parolen Paroli bieten“. Hakan Tas aus Berlin erklärte, der Rechtsruck in Deutschland und Europa sei enorm angewachsen. Die etablierte Politik weiche dafür zurück. „Wir müssen uns zur Willkommenskultur bekennen“, forderte Tas.

Weitere Diskussionsredner machten die AfD als Hauptfeind aus. Die soziale Frage müsse in den Mittelpunkt des Kampfes gegen die Rechtspopulisten gestellt werden. Gefordert wurden ein Bleiberecht für alle und ein Stopp der Abschiebungen.

Außenpolitisch stellte der stellvertretende Parteivorsitzende Tobias Pflüger den Türkei-Deal an den Pranger. Damit würden Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier „Beihilfe zum Mord leisten“, so Pflüger. Bei Kriegen, Militäreinsätzen und Rüstungsexporten sowieso bleibt die Linke bei ihrer ablehnenden Haltung. Einzig dem „Freiheitskampf des kurdischen Volkes“ können die Genossen etwas abgewinnen.

Einen Kontrapunkt setzte Susanne Hennig-Wellsow, Landeschefin aus Thüringen, die in Vertretung des erkrankten Linken-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow auftrat und erklärte: „Manche Antworten auf diesem Parteitag sind mir zu einfach.“ Gewiss habe man in Thüringen Fehler gemacht, aber eine „humane Flüchtlingspolitik gestaltet und nicht nur drüber geredet“. Neben dem Protest müsse das Gestalten stehen.

„Sehr real und sehr mutig“ nannte die Wernigeröderin Evelyn Edler, Vize-Parteivorsitzende im Harzkreis, die Rede von Hennig-Wellsow. Sie meinte, die Auseinandersetzung mit der AfD sei wichtig, dürfe aber nicht alles überlagern. Man müsse der Partei strategisch begegnen.

Die Linke hat seit 2009 rund 9000 Mitglieder verloren, knapp 59 000 Mitglieder hat die Partei noch. Dazu hatte Alt-Vorsitzender Gregor Gysi die Saft- und Kraftlosigkeit beklagt. Zur Auffrischung trägt Neumitglied Ulrich Schneider, Bundeschef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, bei. Er will damit als „Bürger Farbe bekennen“, wie er der Volksstimme sagte. Die Linke sei die einzige Partei, die sich konsequent für bessere Löhne oder die Restaurierung des Rentensystems einsetze. Noch eine neue Linke wurde begrüßt: Anke Domscheidt-Berg, bisher bei den Piraten.

Zu Gysi meinte Roland Claus, Linken-Bundestagsabgeordneter aus Halle: „Nach dem Wahlergebnis können wir jede Art von Ermunterung gebrauchen – aber nicht aus der Betrachterperspektive.“ Sachsen-Anhalts Landes- chefin Birke Bull sagte der Volksstimme: „Ich habe den Eindruck, dass diese Partei weder saft- noch kraftlos ist.“ Wichtig sei es, dass die Linke klare Prämissen setze. „Wir müssen zugespitzter und scharfzüngiger werden“. Dass dies zu mehr Fundamentalismus und Richtungsstreit führt, glaubt sie nicht. „Als pluralistische Partei müssen wir mit verschiedenen Strömungen umgehen.“