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Finzelberg-Prozess Zweifelhafte Fahrtenbücher

Steuerfahnder sagen im Prozess gegen Ex-Landrat Lothar Finzelberg aus.

Von Franziska Ellrich 31.05.2016, 01:01

Magdeburg/Burg l Sind die Fahrtenbücher aus dem Dienstwagen des Ex-Landrates im Jerichower Land manipuliert? Hat Lothar Finzelberg private Fahrten nicht abgerechnet? Diese Fragen sollten zwei Finanzbeamte vor dem Landgericht klären. Finzelberg ist wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung angeklagt.

Lothar Finzelberg soll gegen Geldzahlungen nicht nur Einfluss auf die Genehmigungen für den tonnenweise verfüllten Hausmüll in den Tongruben genommen haben. Sondern laut Anklage hat der Ex-Landrat des Jerichower Landes auch private Fahrten mit seinem Dienstwagen nicht ordnungsgemäß abgerechnet. Deswegen sitzt er sowohl wegen Bestechlichkeit als auch wegen Steuerhinterziehung derzeit vor Gericht. Entstandener Steuerschaden: Rund 80 000 Euro. 

Nahezu täglich will Lothar Finzelberg in seiner Zeit als Landrat gleich am frühen Morgen einen dienstlichen Termin gehabt haben. Die Dienstfahrt begann zumeist direkt an seinem Wohnort in der Nähe von Genthin und endete dann an seinem fast 30 Kilometer entfernten Arbeitsort - dem Landratsamt in Burg. So steht es zumindest in den Fahrtenbüchern für seinen Dienstwagen.

„Das ist kein lebensnaher Sachverhalt“, erklärte der damals zuständige Finanzprüfer gestern als Zeuge vor dem Magdeburger Landgericht. Aus diesem Grund habe er die Fahrtenbücher angezweifelt und bei der Berechnung verworfen. Das bedeutet: Theoretisch müsste der Landrat für die Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsort 30 Cent pro Kilometer zahlen und das Ganze als „geldwerten Vorteil“ versteuern. Doch das ist nicht geschehen.

Was dem Beamten besonders ins Auge fiel: Bei seiner Steuerprüfung im Jahr 2005 waren noch überwiegend die Wegstrecken zwischen dem Wohnort des Ex-Landrates und dem Dienstgebäude in Burg, oder auch der Außenstelle in Genthin, angegeben. Daraufhin gab es in puncto Abrechnung Kritik vom Prüfer. Als er dann 2008 das nächste Mal die Prüfung durchführte, sah das Fahrtenbuch anders aus. „Es gab diese regelmäßigen Fahrten nicht mehr“, erinnerte sich der Zeuge. Dazu erklärte der damalige Fahrer von Finzelberg am vergangenen Prozesstag: „Ich bekam die Anweisung, es wie Dienstfahrten aussehen zu lassen.“

Zu den Vorwürfen gab der ehemalige Landrat jetzt eine Erklärung gegenüber dem Gericht ab. Darin heißt es: „Bereits nach den ersten Monaten meiner Dienstzeit habe ich erklärt, dass, wenn ich in den Dienstwagen steige, dann fahre ich nicht zur Arbeit, nein, dann setze ich meine Arbeit nur in einer anderen Umgebung fort.“ Der gesamte Landkreis sei seine Arbeitsstätte, ständig sei er in den Orten unterwegs gewesen.

Ein erstes Urteil hat der Bundesfinanzhof nach der Revision zurück an das Finanzgericht Dessau verwiesen. Dort soll jetzt geprüft werden, „ob es überhaupt eine regelmäßige Arbeitsstätte gab“, erklärte Finzelbergs Verteidiger. Er ist überzeugt, dass zehn Jahre später die dienstlichen Termine nicht mehr nachvollziehbar sind. Für Oberstaatsanwältin Verena Borstel spielt das jedoch keine Rolle: „Mit den massiv gefälschten Fahrtenbüchern hat sich der Bundesfinanzhof nicht auseinandergesetzt.“ Wenn dadurch keine Besteuerungsgrundlage festgestellt werden kann, müsse das Finanzamt eben schätzen.