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Landeswerbung "Luther-Rot" statt Frühaufsteher

Seit Dienstag lässt die Staatskanzlei die Autobahn-Schilder austauschen. Die neuen sind betont nüchtern.

Von Hagen Eichler 31.08.2016, 01:01

Magdeburg l Die Sachsen-Anhalter dürfen ab sofort länger im Bett bleiben: Nach elf Jahren lässt die Landesregierung seit Dienstag die Begrüßungsschilder an den Autobahnen ersetzen. Der 2005 angebrachte Spruch „Willkommen im Land der Frühaufsteher“ hat ausgedient. Von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gab es Lob zum Abschied. Neben Baden-Württemberg habe Sachsen-Anhalt die „erfolgreichste Imagekampagne eines Landes in der Geschichte der Bundesrepublik“ ersonnen, sagte Haseloff.

Einen neuen Marketing-Spruch soll es dennoch nicht geben. Sachsen-Anhalt hat einfach kein Geld dafür. Die sechs Millionen Euro teure „Frühaufsteher“-Kampagne hatte größtenteils die EU bezahlt. Die Autobahnschilder will das Land nun nutzen, um auf Großereignisse aufmerksam zu machen. Bis 2017 präsentiert sich das Land zunächst als „Ursprungsland der Reformation“.

Die Formulierung hat sich die Staatskanzlei ausgeborgt: Sie stammt von der Tourismuskampagne „Luther erleben“. Das Gleiche gilt für den karminroten Farbton mit der technischen Bezeichnung RAL 3002, von den Touristikern liebevoll „Luther-Rot“ genannt.

Die verwendete Schrifttype TheSans dürfte weitaus mehr Menschen bekannt vorkommen: Es ist die Hausschrift der SPD, von der Parteiführung für sämtliche Publikationen vorgeschrieben. TheSans verspreche „hohe Aufmerksamkeit und Plakativität bei unseren zentralen Aussagen“ heißt es im Design-Handbuch der Sozialdemokraten.

Mit den neuen Schildern tritt Sachsen-Anhalt jetzt betont nüchtern auf. Von einem kleinen Landeswappen in der Ecke abgesehen gibt es kein Bild, sondern ausschließlich Buchstaben. Wortwitz oder Hintersinn – Fehlanzeige. Bei der Präsentation vor der Staatskanzlei erklärt Ministerpräsident Haseloff das zum Konzept. „Wir sind das Land der klassischen Moderne, da folgt die Form der Funktion. Das ist ohne Schnörkel und klar strukturiert.“

Was sagen Experten? „Ehrlich, solide, geradeaus“, urteilt Marion Meyer, Professorin für Industriedesign an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Die Gestaltung sei überhaupt nicht hip – „aber hippe Sachen erreichen auch nur einen kleinen Kreis von Leuten“.

Weniger günstig urteilt die Linken-Abgeordnete Eva von Angern. „Boah, ist das langweilig!", schrieb sie per Twitter. „Irgendwie auch unsexy", sekundierte Grünen-Landeschefin Susan Sziborra-Seidl.

Sämtliche 16 Autobahnschilder lässt das Land in den nächsten Tagen neu bekleben, den Anfang machte am Dienstag die Autobahn 9. Die Kosten der Umrüstung liegen laut Staatskanzlei bei 40.000 Euro.