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Archäologie Kreisgraben in Richtung Brocken

Archäologen haben ihre Grabungen an einer rund 6800 Jahre alten Kreisgrabenlage in Quedlinburg nach sechs Jahren beendet.

Von Thomas Schöne 14.09.2016, 23:01

Quedlinburg (dpa) l „Es gibt Gemeinsamkeiten mit der etwa gleichaltrigen Anlage in Goseck (Burgenlandkreis)“, sagte Grabungsleiter Wolfram Schier von der Freien Universität Berlin am Mittwoch am Fundort. Der Platz in Quedlinburg sei ebenso wie in Goseck für Kulthandlungen und astronomische Beobachtungen genutzt worden. Das Bauwerk in Quedlinburg war im Durchmesser 98 Meter groß und verfügte über vier Tore.

Die in der Jungsteinzeit entwickelte Idee der Kreisgrabenanlage wurde laut Schier aber keineswegs schlicht kopiert. „Die Unterschiede liegen in der Anzahl und Gestaltung der Tore. Auch sind in Quedlinburg im Unterschied zu Goseck die Tore durch Torgräben miteinander verbunden.“ Der Platz in Quedlinburg sei ebenso wie in Goseck für Kulthandlungen und astronomische Beobachtungen genutzt worden. „Allerdings kann für Quedlinburg ausgeschlossen werden, dass Sonnenauf- oder -untergänge zur Winter- und Sommersonnenwende bestimmt wurden, vielmehr wurde hier die Tag- und Nachtgleiche beobachtet.“ Das Bauwerk in Quedlinburg hatte eine Lücke im äußeren Grabenring, die auf den 40 Kilometer entfernten Brocken ausgerichtet war. Insgesamt bestand die Anlage aus zwei konzentrischen Gräben sowie einem dritten unvollständigen Graben, mit Tiefen von 2,50 Metern und einer Breite von drei Metern. 

„Offenbar verfügten einige Menschen der damaligen jungsteinzeitlichen Gesellschaft über komplexes Wissen, das sie einsetzten, um ihre Mitmenschen zu beeindrucken und Prestige zu gewinnen“, sagte Schier. Die Archäologen fanden verzierte Keramikscherben, Feuersteine und zahlreiche Tierknochen und Menschenknochen.

Die Archäologen gehen davon aus, dass Kreisgrabenanlagen wie Goseck und Quedlinburg, aber auch die meisten anderen aus einem weiten Gebiet von West-Ungarn und Niederösterreich über Mähren und Böhmen bis nach Mitteldeutschland, keine Befestigungen oder Siedlungen darstellen. Sie werden als Kultanlagen mit teilweise astronomischen Bezügen gedeutet.

Die Quedlinburger Anlage wurde im Jahr 2000 aus der Luft entdeckt. Im Jahr 2010 wurde mit den Grabungen begonnen. An dem Grabungsprojekt „Gebautes Wissen“ nahmen über die Jahre insgesamt 120 Archäologiestudenten aus Berlin und St. Petersburg teil. Die Grabung wurde finanziell vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn unterstützt.