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Amokalarm Nach Messer-Bedrohung in Psychiatrie

Der 36-Jährige, der eine Klasse des Wolmirstedter Gymnasiums mit einem Messer bedroht hat, ist in die Psychiatrie eingewiesen worden.

Von Gudrun Billowie 20.09.2016, 01:01

Magdeburg l Es ist etwa 8.15 Uhr, als am Montag ein 36-jähriger Mann mit einem langen Küchen-Messer das Schulgebäude betritt. Er geht geradewegs in den Chemieraum des Kurfürst-Joachim-Friedrich-Gymnasiums. Dort unterrichtet eine Lehrerin 22 Schüler.

Der Mann, so ergeben später die Ermittlungen, greift sich wahllos einen Jungen aus der letzten Reihe. Er hält ihm das Messer an den Hals und fordert: Die anderen Schüler und auch die Lehrerin sollen verschwinden.

In der Schule mit den insgesamt knapp tausend Mädchen und Jungen wird daraufhin Amok-Alarm ausgelöst und die Polizei informiert.

Zur gleichen Zeit fährt zufällig der 57-jährige Polizeihauptkommissar Wolfgang Friedrich in Wolmirstedt an der Schule vorbei. Der Regionalbereichsbeamte aus Barleben erfährt per Funk von der Bedrohung mit dem Messer und eilt zum Gymnasium. Zeitgleich trifft dort mit ihm auch eine 42-jährige Polizeiobermeisterin aus dem Revier in Haldensleben ein. Beide lassen sich von der Lehrerin informieren und laufen mit der Waffe im Anschlag zum Chemieraum. Friedrich: „Als wir eintrafen, war der Mann alleine. Er hielt sich selbst das Messer an die Kehle und drohte damit sich umzubringen.“ Seine Kollegin verwickelt den Täter in ein Gespräch, versucht beruhigend auf ihn einzuwirken.

Indes hat der Amok-Alarm über die Lautsprecheranlage Wirkung gezeigt. Jede Schule in Sachsen-Anhalt verfügt über einen Notfallplan, speziell für solche Situationen. Per Lautsprecher wird ein Code für die Amok-Lage genannt. Die Lehrer verschließen daraufhin wie vorgesehen alle Klassenräume von innen. „Wir wussten sofort, dass es ernst war“, erzählen später drei Schülerinnen der 10. Klasse. „Auch bei unserer Lehrerin liefen die Tränen“, sagen sie. Die Klasse habe sich in der Mitte des Raumes auf den Boden gesetzt, möglichst unter den Tischen versteckt und das Licht sowie die Geräte ausgeschaltet. Auch in den anderen Klassen kauern die Schüler auf dem Boden zusammen. „Unsere Lehrerin hat uns beruhigt, aber wir hatten trotzdem Angst“, erzählt eine Sechstklässlerin, die noch immer zittert, als ihre Mutter sie abholt.

Indes zeigt das Gespräch der Polizistin mit dem 36-Jährigen Wirkung. Er wirft das Messer weg, lässt sich widerstandslos festnehmen. Das inzwischen alarmierte Spezialeinsatzkommando wird nicht mehr benötigt.

Nach 20 Minuten kann die Schulleitung Entwarnung geben. Per Handy informieren viele Schüler selbst ihre Eltern und lassen sich abholen. Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams leisten psychologische Unterstützung. Für den weiteren Tag fällt der Unterricht aus.

Bei dem 36-Jährigen handelt es sich um einen psychisch kranken Mann, der längere Zeit Patient in der geschlossenen Klinik in Uchtspringe war und in einem betreuten Wohnen in Groß Ammensleben, ganz in der Nähe von Wolmirstedt, lebt. Er wird noch am Nachmittag zurück in die geschlossene Einrichtung nach Uchtspringe gebracht. Das bestätigt am Abend ein Polizeisprecher.

Stefan Thurmann, Sprecher des Bildungsministerium, kündigte für Dienstag die Wiederaufnahme des Unterrichts an, sagt aber: „Schulpsychologen werden morgen vor Ort sein und in den Klassen Gespräche führen.“ Wie viele es sein werden, blieb offen.