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Berateraffäre SPD will gnadenlose Aufklärung

Sachsen-Anhalts Kenia-Koalition will die Affäre um Beraterverträge in den Griff kriegen. Rücktritte sind nicht ausgeschlossen.

Von Jens Schmidt 20.09.2016, 01:01

Magdeburg l Auf der heutigen Sitzung des Koalitionsausschusses dürfte es putzmunter zugehen. Die drei Regierungsparteien CDU, SPD und Grüne treffen sich, um die anhaltende Krise um Beraterverträge in den Griff zu kriegen. SPD und Grüne setzen auf eine rücksichtslose Offenlegung aller Verträge und klarere Regeln. Die CDU verhält sich abwartend, will es mit der Kontrolle nicht übertreiben. SPD-Landeschef Burkhard Lischka sagt der Volksstimme jedoch: „Diese Regierung ist gut beraten, jetzt alles aufzuklären.“

In den vergangenen Wochen hat die Volksstimme öffentlich gemacht, dass seit 2006 viele Verträge am Landtag vorbei ausgelöst wurden. Der Auftragswert geht in die Millionen. Die Palette reicht von einem Vertrag mit der Investitionsbank (6,3 Millionen Euro) bis zur einer aktuellen Verkehrsstudie (150 000 Euro). Dabei waren die Regeln erst 2005 nach einer ersten Beratervertragsaffäre verschärft worden. Verträge ab 20 000 Euro soll der Finanzausschuss genehmigen. Nun geht ein Streit zwischen SPD und CDU, welche Papiere vorlagebedürftig sind und welche nicht.

SPD-Chef Lischka macht vor der Sitzung unmissverständlich klar: „Die Regierung muss sich an die Regeln halten.“ Sollten weitere schwere Verstöße ans Licht kommen, kennt Lischka keine Gnade. „Auch nicht mit den eigenen Leuten.“ Personelle Konsequenzen - also Rücktritte - sind nicht ausgeschlossen.

Stark unter Druck steht derzeit Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD). Ein Kontrollversagen sieht die Opposition zudem bei Staatskanzleichef Rainer Robra (CDU). Dass schon 2006 bestimmte Verträge nicht mehr vorgelegt wurden, wird vor allem ihm angelastet.

Auch die Grünen wollen eine schnelle Klärung, um das Koalitionsklima nicht weiter zu belasten. „Es wird zunehmend ärgerlich“, sagt Fraktionschefin Cornelia Lüddemann.

Die SPD geht mit einem Fünf-Punkte-Programm in die Offensive:

  • Die Regierung soll alle Verträge seit 2011 unverzüglich dem Landtag und dem Rechnungshof zur Prüfung vorlegen. Auf Verlangen sollen auch ältere Kontrakte auf den Tisch.
  • Die Regeln sollen klarer gefasst werden. Ausnahmen kann nur der Landtag definieren - und nicht die Regierung.
  • Minister oder Staatssekretäre müssen alle Verträge unterzeichnen. (Im Justizministerium ist bis heute unklar, wer bei einem Zwei- Millionen-Euro-Vertrag mit einer externen Firma zur Geschlechter-Gleichstellung 2015 die Fäden in der Hand hielt.)
  • Ein Register aller Verträge soll im Internet öffentlich gemacht werden.
  • Regelverstöße sollen sanktioniert werden - etwa mit der Sperrung von Haushaltsmitteln.