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Beiträge Privatversicherte werden geschröpft

Beitragserhöhungen sind Kunden privater Kassen gewohnt. Doch in diesem Herbst wird es happig.

Von Steffen Honig 16.10.2016, 03:00

Magdeburg l Von den 2 210 000 Kranken-Versicherten in Sachsen-Anhalt sind rund 125  000 privat versichert, weist der Mikrozensus des Statistischen Landesamtes aus. Das ergibt einen Anteil von 5,6 Prozent aller Versicherten und ist ein deutliches Indiz dafür, dass Sachsen-Anhalt keine Region der üppigen Verdienste ist, die außer dem Beamtenstatus die private Absicherung erst ermöglichen.

Deutschlandweit liegt der Anteil der voll Privatversicherten mit 10,7 Prozent – das sind etwa neun Millionen Menschen - deutlich höher. Zwei Drittel von ihnen müssen nun mit Tariferhöhungen rechnen, berichtete die FAZ, im Schnitt von elf Prozent. Die diesjährigen Steigerungen sind nicht nur den teureren medizinischen Leistungen geschuldet.

Zur Begründung führt der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) vor allem die anhaltende Niedrigzins­phase an: „Was am Kapitalmarkt nicht zu erwirtschaften ist, muss – so ist es gesetzlich vorgeschrieben – durch eine Erhöhung der Vorsorge ausgeglichen werden. Davon sind Privatversicherte jetzt also ebenso betroffen wie andere Sparer auch. Wobei die Beitragsanpassung unmittelbar ihre eigene medizinische Versorgung der Zukunft sichert“, erklärt Volker Leienbach, Direktor des PKV-Verbandes.

Denn die privaten Krankenversicherungen müssen Rückstellungen für die Absicherung ihrer Versicherten im Alter bilden. Bei den derzeit niedrigen Zinsen ist die Rendite am Kapitalmarkt so gering, dass die Versicherten die Lücke mit ihren Beiträgen schließen müssen. Leienbach: „Ohne die Auswirkungen der Niedrigzinsen wäre die PKV-Beitragsentwicklung auch in diesem Jahr unauffällig.“

So aber werden die meisten Kunden die Erhöhungen deutlich spüren. Versicherungsmakler Gerd Christian Hoffmann aus Magdeburg weiß um die üblichen Reaktionen auf Tarifsteigerungen: „Die Kunden reagieren in der Regel, wenn der Beitrag vom Konto abgebucht ist. Dann wollen sie das Problem schnell gelöst haben.“

Doch das ist nicht so einfach. Hoffmann verweist auf den möglichen Tarifwechsel innerhalb der Versicherungsgesellschaft, was aber schlechtere Leistungen bedeute. Vor allem Inhaber kleinerer Unternehmen könnten durch steigende Tarife in Schwierigkeiten kommen. Hoffmann: „Sie fangen da schnell an zu schwitzen.“

Wem die Beiträge über den Kopf wachsen, bleiben zwei Möglichkeiten: Auf den Basistarif der Privaten mit den geringsten Leistungen zurückzugreifen oder in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu wechseln. Dafür sind allerdings – siehe Infokasten – diverse Bedingungen zu erfüllen.

Jens Hennicke, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse Sachsen-Anhalt, erläutert: „Die TK gewinnt bereits seit geraumer Zeit im Saldo Mitglieder aus der PKV. Es gehen täglich Anfragen von Frauen und Männern ein, die aus dem privaten gern wieder ins gesetzliche Krankenkassensystem zurückkehren möchten. In den meisten Fällen ist dies jedoch nicht möglich.“

Der Kassenchef prognostiziert, dass langfristig den privaten Krankenkassen die kritische Größe fehlen dürfte, um am Markt bestehen zu bleiben. Die rund neun Millionen PKV-Versicherten verteilten sich auf rund 50 Unternehmen.

Die fünf größten privaten Krankenversicherungen waren nach Marktanteilen 2014 die Debeka, die DKV, die Allianz, die Axa und die Signal Iduna.