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Millionen-Vertrag Prüfer watschen Ministerium ab

Der Landesrechnungshof hat einen 2015 geschlossenen Vertrag für Genderfragen scharf kritisiert.

Von Michael Bock 26.10.2016, 21:55

Magdeburg l In einer aktuellen Stellungnahme für das Justizministerium stellt der Landesrechnungshof den 1,9-Millionen-Euro-Vertrag in Frage. Das Urteil der Kontrolleure fällt verheerend aus. Nach Volksstimme-Informationen sehen die obersten Kassenprüfer Anhaltspunkte dafür, dass die Vergabe nicht ordnungsgemäß erfolgte. Der Preis sei weder angemessen noch wirtschaftlich. Unterlagen zum Vertrag lägen nicht vollständig vor, kritisieren die Kontrolleure.

Vertragsinhalte und Leistungs-beschreibungen schätzen die Prüfer als in vielen Punkten nicht greifbar und kaum nachprüfbar ein. Es gebe keine konkret messbaren Ziele.

Die Volksstimme hatte enthüllt, dass das Land im Dezember 2015 am Parlament vorbei einen Millionenvertrag (Laufzeit 2016 bis 2022) mit einer Magdeburger Consult-Frma abgeschlossen hatte. Es geht um die „Umsetzung von Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter-Gender Mainstreaming“.

Auftraggeber war das seinerzeit von Angela Kolb-Janssen (SPD) geführte Ministerium für Justiz und Gleichstellung. Dort war nach Rechnungshof-Erkenntnissen vor allem die Stabsstelle für Frauen- und Gleichstellungspolitik mit der Angelegenheit befasst. Diese wurde offenkundig nur lasch kontrolliert und agierte weitestgehend losgelöst vom Ministerium. Der Vertrag war nicht einmal dem Haushaltsbevollmächtigten des Ministeriums bekannt. Das Ministerium ließ sich durch das Landesverwaltungsamt vertreten. Ein Vertreter dieser Behörde unterschrieb den Vertrag.

Für bemerkenswert hält der Rechnungshof, dass es nur eine Bieterin gab, der aufgrund vorheriger gleichartiger Projekte und Aufträge eine große Sachnähe zur Leitstelle für Frauen- und Gleichstellungspolitik unterstellt werden dürfe. Das Angebot habe 46 Prozent über dem Schätzwert des Landesverwaltungsamtes gelegen, konstatieren die Kassenprüfer. Nach Offenlegung der Kalkulation und einem Bietergespräch habe das Landesverwaltungsamt diesen Preis dennoch als angemessen eingeschätzt. Allerdings: Unterlagen dazu liegen laut Rechnungshof nicht vor. Ein transparentes Wertungsverfahren der Angebote sei nicht sichergestellt gewesen.

Zunächst hatte der Rechnungshof noch erklärt, der Vertrag hätte europaweit ausgeschrieben werden müssen. Von dieser Einschätzung sind die Prüfer inzwischen abgerückt.

Ein Sprecher des Justizministeriums sagte der Volksstimme, die Hinweise des Rechnungshofes würden berücksichtigt. Der Vertrag werde zunächst weitergeführt – jedoch in abgespeckter Form. So würden etwa Beratungsleistungen gestrichen. Wie viel genau so eingespart wird, konnte der Sprecher nicht sagen. Er verwies darauf, dass der Vertrag jedes Jahr gekündigt werden könne. Die Stabstelle für Frauen- und Gleichstellungspolitik soll indes an die Kandare genommen werden. Sie werde in die Organisationsstrukturen des Ministeriums eingegliedert, sagte der Sprecher.