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Grimm-Benne: „Stundengenaue Abrechnung wäre fairer“

Über die Situation bei den Kita-Plätzen sprach die Volksstimme mit Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD).

13.02.2017, 23:01

Frau Ministerin, das Land gibt immer mehr Geld für Kinderbetreuung aus. Warum sind die Kita-Beiträge trotzdem so stark gestiegen?

Petra Grimm-Benne: Ich weiß, dass die finanzielle Lage in vielen Kommunen nicht einfach ist. Viele Bürgermeister halten die Beiträge dennoch moderat. Es gibt viele Regionen, da läuft es gut. Aber mancherorts kann man den Eindruck gewinnen, dass die Eltern über ihre Beiträge für die Haushaltskonsolidierung aufkommen sollen. Da kann ich den Kommunen nur sagen: Wägt gut ab. Passt auf, dass ihr nicht überzieht. In 2017 fließen über das Kinderförderungsgesetz über 330 Millionen Euro pro Jahr an Städte und Gemeinden für die Kinderbetreuung – das sind rund 150 Millionen Euro mehr als 2012. Die Landkreise legen noch einmal ungefähr die Hälfte drauf. Zusätzlich ist auch im Finanzausgleichsgesetz Geld für die Kinderbetreuung, das wird ja gern vergessen. Es ist also viel Geld im System.

Die Höhe der Kita-Beiträge fällt regional sehr unterschiedlich aus.

Das stimmt. Vom Land bekommen die Kommunen aber exakt die gleichen Zuschüsse. Dass es Gemeinden gibt, die einen Kindergartenplatz für 120 Euro und einen Krippenplatz für 150 Euro anbieten, anderswo ist es deutlich teurer. Das liegt zum einen an unterschiedlichen Kostenstrukturen; aber entscheidend auch daran, wie der neben Landes- und Kreisanteil zur Finanzierung notwendige Restbetrag zwischen Gemeinden und Eltern aufgeteilt wird. Und das haben die Kommunalparlamente letztlich in der Hand. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Gemeinden eine gute und kostengünstige Kinderbetreuung als Standortfaktor begreifen, um junge Familien zu halten.

Wie sehen Ihre Verbesserungsvorschläge konkret aus?

Was die Gemeinden vor Ort machen können? Noch immer haben viele Gemeinden wenig elternfreundliche Satzungen. Es gibt Kommunen, die bieten 5-, 7- und 10-Stunden-Tarife an. Wer aber nur acht Stunden braucht, zahlt den teureren 10-Stunden-Tarif. Ich verstehe schon, dass die Kommunen mit größeren Paketen besser planen können. Eine stundengenaue Abrechnung wäre für die Eltern jedoch fairer.

Etliche Kommunen spielen den Ball in Ihr Feld zurück und sehen das Land in der Verantwortung: Die durchschnittliche Betreuungszeit der Kinder liegt bei mehr als neun Stunden, das Land zahlt seine Zuweisungen pro Kind hingegen auf der Annahme von acht Stunden. Müssen Sie da nicht nachbessern?

Die entscheidende Frage bei der Gesetzesnovellierung wird sein, wie wir eine Anpassung vornehmen. Das müssen wir politisch diskutieren.

Die CDU sieht Einsparpotenzial beim Rechtsanspruch. Derzeit gilt der für zehn Stunden für alle Kinder. Können Sie sich auch vorstellen, diesen zu senken?

Ich bin da für eine Diskussion offen, aber ein Ganztagsanspruch für alle Kinder steht nicht zur Disposition. Derzeit wird das Kinderförderungsgesetz evaluiert, eine Befragung zu den Kostenstrukturen bei den Kita-Trägern steht kurz vor dem Abschluss. Ich denke, dass wir im April die ersten Ergebnisse präsentieren können. Und dann müssen wir mit unseren Koalitionspartnern reden, welche Schlüsse wir ziehen.

Bis Ende des Jahres soll ein neues Kita-Gesetz erarbeitet werden. Welche Änderungen schweben Ihnen vor?

Das Wichtigste ist für mich, dass wir Kostentransparenz herstellen und mit dem neuen Gesetz Bürokratie abbauen. Die Finanzierungsregelungen werden wir neu gestalten. Das legt die Basis dafür, dass Elternbeiträge stabil gehalten werden können.

Andere Länder bieten bereits ein kostenloses Kita-Jahr an. Sind Sie da neidisch?

Ja klar! Grundsätzlich steht bei uns viel auf der Habenseite: Wir haben in Sachsen-Anhalt ein flächendeckendes Angebot, wir haben lange Öffnungszeiten – da sind wir weiter als viele andere Länder. Wir investieren viel Geld in die Kinderbetreuung. Für mich steht das Ziel, schrittweise zur Gebührenfreiheit zu kommen.