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ProzessWolfsriss: Viehhalter verklagt Land

Nach dem Riss eines Kalbes klagt ein Landwirt am Dienstag vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg auf Schadenersatz.

Von Alexander Walter 26.02.2017, 00:01

Piplockenburg l Jürgen Germer ist pappesatt. Wölfe haben auf seinen Wiesen seit 2013 bereits 14 Kälber gerissen, sagt er. Ende Dezember wagte sich ein Wolf gar bis auf seinen Hof in Piplockenburg im Drömling. Nur Meter neben dem Muttertier tötete er ein wenige Stunden altes Büffelkalb.

Mehrfach rief Germer nach ähnlichen Attacken die Behörden an, im Dezember auch den Wolfsbeauftragten des Landes. „Doch der hat keine DNA-Probe genommen“, erzählt der Landwirt. Angeblich sei das Kalb schon zu lange tot gewesen.

Als Angreifer habe der Experte freilaufende Hunde vermutet. Auf einen Antrag auf Rissentschädigung beim Land hat Germer deshalb verzichtet. Auch in den übrigen Fällen blieb er auf dem Schaden sitzen. Bei einem Wert von 800 Euro je Tier ergibt sich eine beachtliche Summe: Germer rechnet mit 11 000 Euro Verlust in den vergangenen vier Jahren.

Der Landwirt will das nicht länger akzeptieren. Dass Wölfe hinter den Angriffen stecken, steht für ihn außer Frage. „Freilaufende Hunde gibt es hier nicht“, sagt er. Wölfe dagegegen würden er und seine Nachbarn fast wöchentlich beobachten.

Vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg geht es am Dienstag, ab 10.30 Uhr, um einen ähnlichen Fall: Ein Rinderhalter, ebenfalls aus dem Drömling, will Schadenersatz vom Landesverwaltungsamt. Im Dezember 2013 fand der Halter ein totes Kalb mit Verletzungen an Hals und Bauch bei seiner Herde. Er ist überzeugt, dass ein Wolf das Tier gerissen hat.

Das Landesverwaltungsamt weist die Darstellung zurück. Nach der Untersuchung des Risses hält es den Wolf als Angreifer für ausgeschlossen. Die vom Bauern beantragte Rissentschädigung lehnt die Behörde deshalb ab.

Entschädigungszahlungen für Nutztierhalter regelt in Sachsen-Anhalt das Naturschutzgesetz. Voraussetzung ist das Gutachten eines Wolfsbeauftragten, möglichst innerhalb von 24 Stunden. Im wolfreichen Norden wird gezahlt, wenn Wölfe als Angreifer nicht auszuschließen sind. Im Süden dagegen müssen konkrete Anhaltspunkte für den Räuber vorliegen. Schaf- und Gatterwildhalter müssen ihre Tiere zudem mit Zäunen geschützt haben.

Gernot Pohl von der Rinderallianz hält die Auflage eines schnellen Rissgutachtens bei Rindern für fragwürdig: Ein Landwirt könne unmöglich alle Rinder im Blick haben, wenn diese auf der Weide stehen. Verlust würden oft erst nach Wochen bemerkt. Anders als Schaf- und Wildhalter könnten Rinderzüchter ihre Tiere zudem kaum vor Wolfsangriffen schützen. Der finanzielle Aufwand für Zäune sei wegen der großen Flächen zu hoch. Eigene Berechnungen hätten einen Bedarf von mehr als 2 Millionen Euro ergeben.

Einen Rechtsanspruch auf Entschädigung haben Halter ohnehin nicht. Das Land zahlt freiwillig und abhängig von der Haushaltslage. Ersetzt werden der Marktwert des getöteten Tieres sowie dessen Entsorgung und Tierarztkosten, nicht aber der erwartete Verkaufswert.

Gernot Pohl hält die Regelungen für unzureichend. „Mir fehlt ein klares Bekenntnis“, sagt er. Wenn die Gesellschaft den Wolf wolle, müsse sie mehr Geld zur Entschädigung der Landwirte bereitstellen.