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Anlagebetrug Harzer nach Millionen-Bluff vor Gericht

Vom Handwerker bis zum Arzt: Sie fielen auf die Masche eines Wernigeröder Paars rein. Diese Woche startet der Prozess in Magdeburg.

Von Matthias Fricke 07.08.2017, 01:01

Magdeburg l Der 53-jährige Hauptangeklagte Henry K. aus Wernigerode sitzt seit seinem letzten Urteil im September 2015 eine dreieinhalbjährige Haftstrafe wegen gewerbsmäßigen Betruges ab. Er hatte in den Jahren 2010 bis 2011 mindestens 32 hochbetagte Senioren im Harz um ihr Geld in Höhe von rund 80.000 Euro, unter anderem aus ihren Sterbeversicherungen, gebracht. Ab Freitag wird nun ein weiterer Fall mit anderer Masche gegen ihn verhandelt. Es dürfte der größte Bluff des mehrfach vorbestraften Betrügers sein.

K. war zur Tatzeit bereits untergetaucht und agierte vermutlich aus dem Ausland. Der Grund: Die Staatsanwaltschaft hatte 2012 schon per internationalem Haftbefehl nach ihm gesucht. Den Wernigeröder nahmen Zielfahnder des Landeskriminalamtes dann am 31. Mai 2014 vor einem Spielkasino im österreichischen Bregenz fest. Zuvor soll er laut Anklage das Anlagemodell „Direktinvest Plus“ vertrieben haben. Seine Cashback GmbH und die „Direkt Invest AG“ mit Sitz in Zypern hatte den Anlegern Gewinne von zwei Prozent im Monat bei einer Laufzeit von 24 Monaten versprochen. Die Mindesteinlage war 5000 Euro, angeblich zu „100 Prozent bankgesichert“. Das glaubten viele, selbst die Makler, weil es auch eine Weile funktionierte. Vermutlich habe der Harzer nach dem Schneeballprinzip mit dem frisch eingezahlten Geld die Zinsen zum Teil ausgezahlt, vermuten Anwälte der Anleger.

Insgesamt gibt es in dem Prozess 88 sogenannte Adhäsionskläger. Das sind die Opfer, die innerhalb des Strafverfahrens zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Die Anleger aus ganz Deutschland überwiesen laut Staatsanwaltschaft 1,9 Millionen Euro auf verschiedene Konten. Von dem Betrag soll der Mann laut 27-seitiger Anklageschrift rund 1,4 Millionen Euro auf andere Konten weitergeleitet bzw. bar abgehoben und für eigene Zwecke verwendet haben. Zu dieser Zeit hatte der Angeklagte aber gar keine erforderliche Erlaubnis für derartige Anlagegeschäfte. Deshalb muss er sich nicht nur wegen gewerbsmäßigen Betruges sondern auch des unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften verantworten. Seiner Partnerin Kathi A. (48) werden 580 Einzel-Straftaten vorgeworfen. Im Wesentlichen soll sie das Geld auf von ihr eingerichteten Konten erhalten haben, obwohl sie von dem Betrug wusste. Zudem habe sie in 566 Fällen Verfügungen über die Gelder in Höhe einer halben Million Euro vorgenommen. Sie muss sich deshalb auch wegen gewerbsmäßiger Geldwäsche verantworten.

Bis Ende Januar 2018 sind ab Freitag vor dem Magdeburger Landgericht 24 Verhandlungstage vorgesehen. Die Angeklagten müssen im Fall einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren rechnen.