1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Sturm vor dem Sturm

AfD-ParteitagSturm vor dem Sturm

Beim AfD-Parteitag wird die Landesliste für die Bundestagswahl beschlossen. Parteichef André Poggenburg rechnet mit „heftigen Diskussionen“.

Von Michael Bock 24.03.2017, 18:59

Magdeburg l Eine Woche ist André Poggenburg abgetaucht. Nicht erreichbar für die Volksstimme, trotz täglicher Anfragen. Am Freitag bricht er das Schweigen. Er rechnet mit zwei stürmischen Tage im beschaulichen Harz. „Da muss Tacheles geredet werden“, sagt Poggenburg.

Im „Kulturhaus Badeborn“ dürfte es also hoch hergehen. Auch, weil in Teilen der AfD in den zurückliegenden Wochen die Messer gewetzt worden sind. Es hat sich eine Anti-Poggenburg-Bewegung gefunden. Diese richtet sich auch gegen Poggenburg-Getreue.

Darunter sind vor allem Fraktionsgeschäftsführer und Landesvize Ronny Kumpf, Landesschatzmeister Frank Pasemann, Jan Wenzel Schmidt (Landesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative) oder der Islamkritiker Hans-Thomas Tillschneider.

Vor dem beim Parteitag erwarteten Sturm ist im Netz bereits ein Sturm der Entrüstung entfacht worden. Aus Chatprotokollen geht hervor, wie zugespitzt die Lage momentan ist. Es ist die Rede davon, einen neuen Landesvorstand zu installieren. Im Chat, an dem sich auch Landtagsabgeordnete beteiligen, sind martialische Sätze zu lesen. Beispiele: „Im Prinzip müssen wir mit aller Gewalt zuschlagen, dass es richtig kracht und wir die mit einem Schlag wegfegen.“ – „Unsere Lawine rollt.“ – „Wir müssen kämpfen und durchhalten, dieser abgehobenen Kaste einen Zermürbungskrieg leisten.“ – „In diesem Sauladen muss erstmal richtig aufgeräumt werden.“ – „Wir müssen und werden sie wie Unkraut bekämpfen. Mit Strunk und Wurzel rausreißen und für immer entsorgen.“ – „Auf in den Entscheidungskampf.“ – „Falls wir Samstag verlieren, ist der Krieg noch lange nicht vorbei.“

Mit Blick auf den Parteitag schreibt ein Chatteilnehmer: „Ich werde meine stichsichere Weste anziehen.“

André Poggenburg kennt offenbar etliche Chatprotokolle. Er weiß, dass es Umsturz-Pläne gibt. „Mir sind mehr als 300 Seiten Material zugespielt worden“, sagt er im Volksstimme-Gespräch. Poggenburg spricht von einer „geheimen, konspirativen Gruppe. Da wird subversiv gearbeitet.“

Er meint sogar, einige der mutmaßlichen Rädelsführer identifiziert zu haben. Poggenburg nennt die Namen von drei Landtagsabgeordneten. Es sind Daniel Roi, dessen Lebensgefährtin Sarah Sauermann und Lydia Funke. Beim Parteitag, so kündigt Poggenburg an, werde er seine Kritiker „verbal in de Schranken weisen“.

Zuletzt hatte er mit seinem innerparteilichen Hauptkritiker Roi, dem zeitweise der Ausschluss aus der Landtagsfraktion drohte, eine Art Burgfrieden geschlossen. Leute, die öffentlich die Geschlossenheit der AfD forderten, würden hintenherum agieren, sagt Poggenburg jetzt. „Das kotzt mich an. Das wird auch Thema auf dem Parteitag sein.“

Roi hat in der Vergangenheit immer wieder vor einem Rechtsruck in der AfD gewarnt. Poggenburg, der ein enger Vertrauter von Björn Höcke ist, gilt in der Partei als Rechtsausleger. Seine Kritiker befürchten, dass der Rechtskurs viele AfD-Wähler verschreckt und das Schmuddel­Image bei der Bundestagswahl viele Stimmen kosten wird.

Inzwischen liegt doch noch eine Empfehlung des Landesvorstandes für die Landesliste zur Bundestagswahl vor.

Der Vorstand habe lange überlegt, ob er so verfahren wolle, schreibt Poggenburg an die „lieben Mitglieder und Förderer“. „Aufgrund mehrerer Anfragen und auch um kursierenden, teils haarsträubenden Gerüchten ein Ende zu bereiten, wurde ein Beschluss zur Empfehlung geeigneter Kandidaten gefasst“.

Als Spitzenkandidat wird Landesvorstands-Mitglied Martin Reichardt (47, Börde) empfohlen. Auf weiteren aussichtsreichen Plätzen folgen Frank Pasemann (56, Magdeburg), Landesvize Andreas Mrosek (59, Dessau), Matthias Büttner (26, Stendal) und Uwe Gewiese (47, Burgenlandkreis).

Poggenburg stellt in dem Schreiben klar, dass es sich nur um eine Empfehlung des Landesvorstandes handele „und jedes Mitglied davon unbeirrt kandidieren kann“. Er geht davon aus, dass es „die eine oder andere Gegenkandidatur geben wird“.

Jan Wenzel Schmidt taucht auf der Empfehlungsliste des Vorstandes nicht auf. Er habe seine Kandidatur zurückgezogen, sagt Poggenburg. Auf der Internetseite des AfD-Landesverbandes war Schmidt bis Freitagabend allerdings noch als Bewerber genannt.

Bis zuletzt war zudem spekuliert worden, ob der wegen einer Hotelzimmer-Affäre unter starken Druck geratene zweite Matthias Büttner in der AfD, der aus Staßfurt, für den Bundestag kandidiert. Davon gehe er nicht aus, sagt Poggenburg dazu.