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Ausbildung Handwerk zum Ausprobieren

Volksstimme-Volontär versucht sich an Werkbänken auf Magdburger Berufsorientierungsmesse.

Von Christian Bark 07.09.2015, 01:01

Magdeburg l Das Handwerk und ich, das sind schon zwei verschiedene Paar Schuhe. Trotzdem habe ich mich am Wochenende an einigen Stationen des Handwerksparcours auf der Berufsorientierungsmesse „Handwerk4You“ in Magdeburg auszuprobiert. Ich war übrigens nicht allein, denn viele hundert Jugendliche taten es mir gleich. Und wenn die das können, kann ich das doch sicher auch.

Vor dem Eingang des Berufsbildungszentrums der Handwerkskammer Magdeburg erwarten mich zwei freundliche Damen. Jeder, der am Handwerksparcour teilnehmen will, bekommt hier ein Bändchen mit einer Stempelkarte daran. An jeder Station sind Aufgaben zu erfüllen, wofür es Aufkleber gibt. Wer zehn zusammenhat, kann an einer Tombola teilnehmen und Preise wie einen MP3-Player gewinnen.

Meine erste Station ist die Tischlerwerkstatt. „Säge von dem Holzstück mal zehn Zentimeter ab“, beauftragt mich Ausbilder Nils Geißer. Ohne vorher abzumessen, denn er will mein Augenmaß prüfen. „Das brauchst Du in diesem Beruf“, sagt er. Gesägt, getan. Leider habe ich mich verschätzt, mein Stück ist elf Zentimeter lang. An der Hobelbank soll ich ein langes Stück Holz glatt hobeln. „Du musst schon etwas mehr Kraft aufwenden“, rät mir Geißler. Wesentlich gekonnter sieht das bei Fukur Tesfamariam und Nebi Tekle aus. Die beiden Asylbewerber aus Eritrea sind mit ihrem Flüchtlingspaten Manfred Fiek zur Handwerksmesse gekommen. „Die beiden haben in ihrer Heimat eigentlich kein Handwerk gelernt“, sagt Fiek. Aber, um sich hier schneller integrieren zu können, wollten sie auch schauen, ob ihnen das Handwerkliche liegt.

Meine nächste Station wartet ein Stockwerk höher in der Metallwerkstatt. „Möchtest Du einen Flaschenöffner in Gitarrenform mit nach Hause nehmen?“, fragt Ausbilder Andreas Hartmann. „Dann musst Du ihn Dir zurechtfeilen.“ In die Kante, mit der die Flasche geöffnet wird, muss eine knapp drei Millimeter große Schräge gefeilt werden. Normalerweise werde das genau vermessen, wir würden es aber Pi mal Daumen versuchen, so Hartmann. Ich hatte schon befürchtet, hier mathematische Berechnungen anstellen zu müssen, worin ich ebenso mäßig begabt bin wie im Handwerk.

„Die Vorwärtsbewegung ist das Entscheidende“, erklärt mir der Ausbilder beim Feilen. Nach wenigen Minuten habe ich es geschafft. Mit diesem Flaschenöffner würde ich also mein Feierabendbier öffnen können. „Während ihrer dreijährigen Ausbildung sind die Metallbaulehrlinge insgesamt sieben Wochen in unserer Lehrwerkstatt“, sagt Andreas Hartmann. Dort lernten sie den „Urschleim“, also Sägen, Feilen, Bohren und einige auch Schweißen.

„Mit den Lehrlingen sieht es jedes Jahr trauriger aus“, klagt Metallbauer Andreas Behnke. Es liege nicht unbedingt an der Praxis, sondern eher am Unwillen, für die Theorie zu lernen. Auf Desinteresse führt Steinmetz-Azubi Christoph Spörkeliegen die geringen Bewerberzahlen in seinem Gewerk zurück. „Dabei schaffen wir etwas Bleibendes.“ Er hätte sich mehr Besucher auf der Messe gewünscht.

Meine letzte Station führt mich zu den Malern und Lackierern. Dort bemale ich einen Stern. Fotografiert werde ich dabei von Jasmin Schubert. Die 20-Jährige lernt in Stendal das Fotografenhandwerk, sagt sie und hält die Messe in Bildern fest. Ja, Fotografen sind auch Handwerker, haben Sie das gewusst? Übrigens, alle zehn Aufkleber habe ich nicht erhalten, bin dafür aber um einen Flaschenöffner und viele Erfahrungen reicher.