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AusschreitungenSonderermittler nach Krawallen

Die Polizei hat nach den Krawallen vom Wochenende in der Magdeburger Innenstadt eine Ermittlungsgruppe gegründet.

Von Matthias Fricke 27.06.2017, 01:01

Magdeburg l Dem durch einen Flaschenwurf am Freitag bei den Ausschreitungen am Hasselbachplatz am Kopf schwer verletzten Polizisten geht es wieder besser. Mit sechs Stichen konnten die Ärzte die Platzwunde nähen. „Der Kollege ist aber noch nicht dienstfähig“, so Polizeisprecher Marc Becher.

Insgesamt waren in der Nacht zum Sonnabend 15 Polizisten von einem Mob betrunkener Jugendlicher angegriffen und verletzt worden. Diese bepöbelten die Polizisten, warfen Steine und Flaschen. Neben überwiegend deutschen Jugendlichen sowie etwa 20 bis 30 Hooligans waren auch einige Migranten unter den Angreifern. Insgesamt waren 110 Polizeibeamte von 2 bis 5 Uhr im Einsatz. Darunter auch Beamte der Bundespolizei und Einheiten der Bereitschaftspolizei aus Magdeburg und Halle. Die weiten „Anreisen“ hatten auch für eine lange Einsatzzeit gesorgt.

Die Magdeburger Polizei rief am Montag eine gesonderte Ermittlungsgruppe ins Leben, so Polizeisprecher Marc Becher. Vier Beamte sollen nun untersuchen, wer an den Ausschreitungen beteiligt war. Dazu werden auch die Aufnahmen von sechs Videokameras ausgewertet, die den öffentlichen Platz überwachen. Insgesamt seien bereits zehn Menschen im Alter zwischen 15 und 29 Jahren als Verdächtige wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung bekannt gemacht worden. Bereits am Freitag hatte es sieben vorläufige Festnahmen gegeben. Die jungen Männer wurden nur Stunden später wegen fehlender Haftgründe aus dem Gewahrsam entlassen.

Anwohner machen bereits seit längerer Zeit auf das Problem am Hasselbachplatz aufmerksam. Karl-Heinz Erhardt, Bewohner des Hasselbachplatzes: „In einem Radius von 500 Metern gibt es acht Spätshops.“ Während die Kneipen um 1 Uhr ihre Terrassen schließen, werde dort noch weiter Alkohol verkauft.

Polizeisprecher Marc Becher wollte das nicht bestätigen, sagte aber: „Die Masse der betrunkenen Jugendlichen sitzt auf den Bänken und kommt nicht aus den Kneipen.“ Das sagte auch der Ordnungsbeigeordnete Holger Platz. Er kennt das Problem seit Jahren. „Es hat sich aber seit Sommer vergangenen Jahres verschärft“, sagt er. Das könne er vor allem an den zunehmenden Beschwerden aus dem Bereich festmachen. Im Jahr 2008 hatte die Stadt aus diesem Grund bereits ein Alkoholverbot für diesen Bereich im Rahmen der Gefahrenabwehr erlassen. Nach der Klage eines Spätverkaufs kippte das Oberverwaltungsgericht dieses wieder. Auch die Landesregierung wollte später das Polizeigesetz so ändern, dass Kommunen Verbots-Zonen leichter einrichten können. Doch nach einer Verfassungsbeschwerde wurde auch dieser Vorstoß gekippt. Platz will nach den Krawallen nun erneut Möglichkeiten prüfen, ob ein Alkoholverbot ausgesprochen werden kann. Zur Gefahrenabwehr sei dies unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Platz: „Die rechtlichen Hürden sind aber sehr hoch. Wir werden gemeinsam mit der Polizei sehen, ob ein neuer Anlauf möglich ist.“ Zudem wolle er prüfen lassen, was die Stadt gegen die hohe Konzentration von Spätshops unternehmen könne. Zumindest bauordnungsrechtlich gebe es dafür aber keine Handhabe.

Die Polizei verweist indes auf ein existierendes Einsatzkonzept, das es seit einem halben Jahr gibt. „Für den Hasselbachplatz sind extra Streifen an den Wochenenden eingeteilt“, so Becher. Ob sie ausreichen oder erweitert werden sollen, müsse man noch prüfen.

Auch gemeinsame Fußstreifen mit dem Ordnungsamt habe es „vereinzelt“ gegeben. Dem Ordnungsbeigeordneten Holger Platz reicht dies aber nicht: „Wir fordern eine gemeinsame Stadtwache von Polizei und Ordnungsamt.“ Dies sei verlässlicher als sporadische Fußstreifen. Ein entsprechendes Konzept habe er dem Innenministerium und dem Städte- und Gemeindebund bereits vorgestellt.