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AwoSchuldnerberatung im Luxus-Haus

Bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Magdeburg kracht es seit Monaten gewaltig. Ein Umzug in eine Luxus-Wohnanlage sorgt für Streit.

16.01.2017, 23:01

Magdeburg l Altenhilfe, Kinderbetreuung, Schuldnerberatung – mit ihrem Engagement hat sich die Awo in den vergangenen 26 Jahren in Sachsen-Anhalt einen guten Ruf erarbeitet. Doch um diesen fürchten derzeit Mitarbeiter und Mitglieder in Magdeburg. Seit Monaten rumort es in dem Wohlfahrtsverband gewaltig.

Der Streit beginnt bereits Ende 2015, als die Geschäftsstelle des Kreisverbandes aus dem Marie-Arning-Haus auszieht. Das neue Domizil, ein frisch saniertes Haus mit Luxus-Loft-Wohnungen in Elbnähe, ist umstritten. Ein Sozialverband mit Schuldner- und Suchtberatung in dieser Umgebung? „Völlig unpassend“ sei das, kritisieren Mitarbeiter die Pläne der damaligen Geschäftsführerin Heike Rudolf. 140 Awo-Angestellte unterzeichnen einen Mitarbeiterbrief und erklären, dass sie den alten „gewachsenen Standort“, ihren Kiez, nicht verlassen wollen. Doch die Mühe ist vergeblich. Der Umzug ist beschlossene Sache. Es wird ein mehrjähriger Mietvertrag abgeschlossen. Im Landesverband wundert man sich über den Schritt. Doch richtig nachgehakt wird nicht.

Auch nach dem Umzug kehrt keine Ruhe ein. Die neuen Räume sind in dem Gebäudekomplex schwer zu finden. Die Büros sind außerdem nicht nur kleiner als die alten, sodass die Einhaltung des Datenschutzes der Kunden bei den Beratungen schwierig ist. Der neue Standort ist auch kostspielig: Die Awo zahlt rund 1000 Euro mehr Miete als vorher. Zudem soll sich die Geschäftsführerin ein Büro in eines der Lofts eingerichtet haben.

Es ist nicht ihre erste fragwürdige Entscheidung. Schon 2009 hat die Geschäftsführerin einen Berater eingestellt, der die EDV-Systeme modernisieren sollte. In den vergangenen sieben Jahren soll der Mann mehr als eine halbe Million Euro Honorar kassiert haben. „Computerprogramme, die nicht zueinander passen und entsprechend auch nicht reibungslos laufen. Die Mitarbeiter erhielten ein ihnen unbekanntes Betriebsprogramm, aber leider keine Schulungen“, heißt es in dem Brief der Mitarbeiter. Kritische Nachfragen könne man nicht stellen, sonst drohe die Entlassung, beklagen sie. „Unser Vorstand zeigt sich gänzlich unansprechbar und zu unserem Landesverband wurde eine schier unüberbrückbare Distanz aufgebaut.“

Worte, die offenbar Wirkung hinterlassen. Auf Druck des Landesverbandes muss die Geschäftsführerin im Sommer 2016 gehen. Die Abfindung ist üppig: Sie liegt nach Volksstimme-Informationen im mittleren fünfstelligen Bereich. Auch der Vorstand wird im Dezember komplett ausgewechselt.

Nach außen gibt sich die Awo wortkarg. Fragen zu den Gründen für den Umzug, den Kosten und ihren Berater beantwortet der Verband nicht. „Der neue Vorstand hat sich erst am 19. Dezember 2016 konstituiert und ist nun dabei, sich umfänglich einzuarbeiten. Somit können wir uns noch nicht zu vergangenen Entscheidungen des alten Vorstandes und der Geschäftsführerin äußern“, teilt der Kreisverband auf Anfrage mit. Auch den Kontakt zu Heike Rudolf kann die Awo der Volksstimme nicht vermitteln. „Der neue Vorstand hat keinerlei Kontakt zur alten Geschäftsführerin“, sagt Kreischef Kai Dethloff. Er räumt aber ein: Die Kritik aus der Mitarbeiterschaft sei bekannt.

Offenbar hat der Druck inzwischen auch zum Umdenken geführt: Die Geschäftsstelle und die Beratungsstellen sollen im Juli zurück an den alten Standort ziehen. Mit dem Vermieter habe man sich „einvernehmlich“ geeinigt.