1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Ewige Handwerker-Suche in Sachsen-Anhalt

Bauwirtschaft Ewige Handwerker-Suche in Sachsen-Anhalt

Bis ein Handwerker gefunden ist, gehen in Sachsen-Anhalt mitunter Wochen ins Land. Die Betriebe sind ausgelastet. Ist Besserung in Sicht?

Von Massimo Rogacki 02.11.2019, 00:01

Magdeburg l Die lang ersehnten Badezimmermöbel sind geliefert, die passenden neuen Fliesen schon im Keller gestapelt. Fehlt nur noch der Experte, der die Fliesen fachgerecht verlegt. Den ohne wochenlanges Warten zu finden, ist allerdings längst kein Selbstläufer mehr.

Ob Privatkunde oder Firma: Einen Handwerker zu bekommen, bleibt schwierig. Warum? Die Auftragsbücher der Betriebe sind gut gefüllt. Beispiel Kammerbezirk Magdeburg: Im Bauhaupthandwerk – bei Maurern, Zimmerern oder Dachdeckern – sind 12 Wochen Vorlauf im Schnitt die Regel. Im Ausbauhandwerk tüten etwa Maler ihre Aufträge elf Wochen im Voraus ein. Mehr als zehn Wochen Vorlauf haben auch Handwerker im Kammerbezirk Halle.

Die Stimmung im Handwerk sei trotz schwächerer Konjunktur noch immer gut, sagt Burghard Grupe, Geschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg (HWK). Die Auslastung der Betriebe spricht Bände: Fast 90 Prozent beträgt sie in den baunahen Gewerken. Jeder zehnte Betrieb im Kammerbezirk Magdeburg gibt sogar an, seine Kapazitäten zu mehr als hundert Prozent auszuschöpfen. Das bedeutet: Vielerorts können sich Handwerker vor Arbeit nicht retten. Positiv für die meisten Betriebe: Mit dem langen Vorlauf haben sie Planungssicherheit. Das Nachsehen haben viele Kunden, ein Ende der langen Wartezeiten ist nicht in Sicht.

Problem ist: Wegen der weiter hohen Nachfrage am Bau kommen die Handwerker mit den Aufträgen und der Terminvergabe nicht mehr hinterher. Durch die gute Auslastung könnten sich Betriebe mitunter leisten, weniger lukrative Jobs zugunsten attraktiverer Aufträge abzulehnen, sagte HWK-Präsident Hagen Mauer bei der Vorstellung der aktuellen Konjunkturumfrage im Kammerbezirk Magdeburg. Die Ursachen für die Wartezeiten liegen indes tiefer. Die Fachkräfteproblematik spitzt sich weiter zu. Eine Stelle als Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker zu besetzen, dauert derzeit über 200 Tage, heißt es von den Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt. Offene Stellen als Bodenleger bleiben mehr als 160 Tage unbesetzt, im Hochbau sind es fast 150 Tage.

Für Deutschland spricht der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) von derzeit 250.000 unbesetzten Stellen, Ende September 2019 waren bundesweit über 20.000 Ausbildungsplätze vakant. Helfen könnten Fachkräfte aus dem Ausland. Vor allem aber: Das Handwerk muss für den Nachwuchs attraktiver werden. Die Kammern in Sachsen-Anhalt fordern eine bessere Berufsorientierung über alle Schulformen hinweg. Positive Signale wie die Einführung der Meistergründungsprämie seien allein nicht ausreichend.

Was kann der Kunde tun? Mit Grummeln im Bauch die langen Wartezeiten akzeptieren? Nicht zwangsläufig. Verbraucherzentralen empfehlen als gute Quelle für eine Empfehlung den Bekanntenkreis. Hat jemand einen Tipp für einen verlässlichen Handwerker, der zeitnah mit Terminen aufwarten kann? Nach Firmen lässt sich über Branchenverzeichnisse oder Online-Portale suchen. Inzwischen werben auch Vermittlungsplattformen wie MyHammer um die Gunst der Kunden. Und viele Baumärkte bieten nach dem Materialerwerb gleich den passenden Handwerkerservice an. Nie schaden kann der Blick auf Qualifikationen: Innungs- oder Meisterbetrieb? Referenzen? Auf den Internetseiten der Kammern gibt es weitere Infos.

Auch bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt ist der Beratungsbedarf zu Handwerkerleistungen gleichbleibend hoch. All denen, die einen Handwerker gefunden haben, rät Ute Bernhardt, Leiterin Referat Recht bei der Verbraucherzentrale: „Machen Sie sich die Mühe, den Auftrag konkret zu beschreiben.“ Klare Vereinbarungen zwischen beiden Parteien beugen möglichen Konflikten vor.

Und: Es gibt nicht zuletzt Gewerke, die mehr Luft haben als andere. So sind die Wartezeiten etwa im KfZ-Handwerk vergleichsweise moderat. Die Betriebe sind im Schnitt „nur“ zu knapp 70 Prozent ausgelastet. Der Werkstatt-Termin mit drei Wochen Vorlauf – ist realistisch.

Kommentar zum Thema: Das wird schon