1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Staatsminister droht mit Entlassungen

EIL

Beraterverträge Staatsminister droht mit Entlassungen

Die Staatssekretärskonferenz hat sich mit fragwürdigen Beraterverträgen befasst. Staatsminister Rainer Robra (CDU) hielt eine Brandrede.

Von Michael Bock 12.09.2016, 21:42

Magdeburg l An diese Staatssekretärsrunde werden sich viele noch lange erinnern. Protokollant und Vize-Regierungssprecher mussten den Raum verlassen. Dann sprach etwa zehn Minuten nur einer: Staatsminister Robra, der auch Chef der Staatskanzlei ist – ruhig im Ton, klar in der Ansage. Kernbotschaft war, die Koalition zusammenzuhalten und Zwistigkeiten in der Allianz nicht weiter ausufern zu lassen.

Derzeit werden in vielen Ministerien Unterlagen aus den vergangenen Jahren gesichtet, die die Vorgänger belasten könnten. Nach Volksstimme-Informationen warnte Robra eindringlich vor „Schnüffel­brigaden“, die derzeit in dem einen oder anderen Haus unterwegs seien, um sich alte Fahrtenbücher und Rechnungen anzuschauen. Wenn das so weitergehe, mahnte der Staatsminister nachdrücklich, drohe die Lage außer Kontrolle zu geraten. Es gebe gegenüber den Amtsvorgängern eine Grundloyalität, betonte er. Dann kam der Satz, den Teilnehmer als deutliche Drohung verstanden: Eine Entlassungsurkunde sei in weniger als 45 Minuten geschrieben.

Robra wollte sich am Montag nicht äußern. „Das war ein bewusst internes Gespräch, das der Chef der Staatskanzlei nicht öffentlich kommentieren wird“, sagte Vize-Regierungssprecher Rainer Metke am Abend.

Wie die Volksstimme erfuhr, soll am Montag – noch vor Ro­bras Brandrede – die Büroleiterin von Minister Felgner die Referats- und Abteilungsleiter aufgefordert haben, alle Beraterverträge aus der Zeit von 2006 bis 2016 detailliert vorzulegen. Wirtschaftsminister von 2006 bis 2011 war der jetzige Ministerpräsident Reiner Haseloff, es folgten Birgitta Wolff (2011 bis 2013) und Hartmut Möllring (2013 bis 2016, alle CDU).

Die Stimmung zwischen CDU und SPD ist sehr angespannt. Die Union nimmt SPD-Landeschef Burkhard Lischka krumm, dass er als Erster den Rücktritt von Landtagspräsident Hardy Peter Güssau (CDU) gefordert hatte. Ein Spitzenmann der Union sagte, die Stimmung in der CDU sei kurz vor dem Explodieren. Die SPD wiederum vermutet, dass die CDU die Berichterstattung über fragwürdige Auftragsvergaben von Wirtschaftsminister Jörg Felg­ner und Ex-Justizministerin Angela Kolb-Janssen (beide SPD) befördert.

Indes erfuhr die Volksstimme, dass auch das Kultusministerium unter Minister Stefan Dorgerloh (SPD) über die Landeszentrale für politische Bildung Beraterverträge am Parlament vorbeigeschleust hat. Es geht um Aufträge im Jahr 2015 über insgesamt 74 072 Euro netto für den sogenannten Nichtwähler-Monitor. Davon wurde ein Auftrag über 45 172 Euro ohne Ausschreibung vergeben – an das Zentrum für Sozialforschung Halle. Der neue Kultusminister Marco Tullner (CDU), seit Frühjahr im Amt, sagte am Montag der Volksstimme: „Das ist ein ärgerlicher Vorgang. Ein misslicher Umstand, den ich sehr bedauere.“