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Betreuung Viele Eltern zahlen für Kita zu viel

Die Betreuungszeit ist in den vergangenen fünf Jahren angestiegen. Doch viele Eltern in Sachsen-Anhalt zahlen mehr, als sie müssten.

16.05.2017, 23:01

Magdeburg l Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) hat am Dienstag erste Ergebnisse der Evaluierung des Kinderförderungsgesetzes präsentiert. Mit der Befragung hat das Zentrum für Sozialforschung Halle die Auswirkungen der Gesetzesänderung von 2013 untersucht. Bis Ende des Jahres will das Land erneut eine Novelle erarbeiten. Mit 693 Kitas haben sich rund 39 Prozent aller Einrichtungen an der Abfrage beteiligt. Die Ergebnisse:

Betreuungszeit: Die durchschnittlich vereinbarte Betreuungszeit ist in den vergangenen fünf Jahren gestiegen. In der Krippe (0 bis 3 Jahre) um 0,3 Prozent auf 8,4 Stunden, im Kindergarten (3 bis 6 Jahre) um 0,5 auf 8,6 Stunden. Das wird für Gesprächsstoff sorgen: Denn das Land reicht an die Kommunen Kostenpauschalen aus, die auf der Annahme einer Betreuungszeit von acht Stunden kalkuliert worden sind. Die Kommunen kritisieren seit Jahren, dass das dies nicht ausreicht. Grimm-Benne sagt: „Die Zahlen von neun Stunden und mehr, die manche Bürgermeister vorgeben, haben sich nicht bestätigt.“ Doch die Ministerin ist offen für einen Kompromiss: „Wir müssen das gegebenenfalls anpassen.“ Kritiker wie der Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos) bleiben bei ihrer Forderung: „Bei uns liegt die Betreuungszeit in Krippe und Kindergarten über neun Stunden – das Land muss das bezahlen.“ Seine Stadt hat das Land deshalb verklagt.

Kosten für das Land: Längere Betreuungszeiten bedeuten höhere Ausgaben. Um die Kosten zu begrenzen, plädiert die CDU dafür, dass nur Beschäftigte einen Anspruch auf zehn Stunden für ihre Kinder haben sollten. Ansonsten sollen acht Stunden Mindestbetreuung ausreichen. Die Linke lehnt das kategorisch ab, Grimm-Bennes SPD ist dafür inzwischen offen, wenn dafür nicht bei der Qualität gespart wird.

Elternbeiträge: Viele Eltern zahlen mehr für den Kita-Platz als sie müssten. Knapp 27 Prozent der Kinder gehen weniger Stunden als vereinbart in der Einrichtung, bei jedem sechsten Kind lag die tatsächliche Betreuungszeit sogar mehr als fünf Stunden unter der vertraglich vereinbarten Zeit. Das liegt an zwei Faktoren: Einerseits nehmen einige Eltern freiwillig Puffer in Anspruch und bezahlen einen Zehn-Stunden-Platz, obwohl der Bedarf geringer ist. Doch oft können die Eltern gar keinen stundengenauen Tarif wählen, weil die Satzungen der Gemeinden dies nicht zulassen. „Viele Einrichtungen bieten immer noch nur Fünf- und Zehnstundentarife an“, kritisiert Grimm-Benne. Sie fordert stundengenaue Abrechnungen. Wie die vielerorts steigenden Elternbeiträge grundsätzlich begrenzt werden können, will die Koalition aus CDU, SPD und Grünen in den nächsten Wochen beraten.

Öffnungszeiten: Die Mehrzahl der Einrichtungen bietet Öffnungszeiten von elf Stunden und länger an. „Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wir bundesweit spitze“, sagt Grimm-Benne. Die Umfrage bestätigt jedoch auch ein Problem vieler Eltern: Fast jede zweite Kita macht im Sommer für zwei oder drei Wochen zu.

Hort: Für Schulkinder bis 14 Jahre wird nachmittags eine Betreuung angeboten. 70 Prozent der Grundschüler besuchen den Hort. Im Vergleich zu 2012 werden 6000 Kinder mehr im Hort beaufsichtigt – ein Plus um 19 Prozent. Lösungsvorschlag der Sozialministerin: „Eventuell müssen wir mehr in Ganztagsschulen investieren, weil der Betreuungsbedarf offensichtlich da ist.“

Erzieher: Nur jede fünfte pädagogische Fachkraft arbeitet Vollzeit. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit ist auf 32 Stunden gestiegen (2012: 30,9 Stunden), knapp die Hälfte der Erzieher ist 50 Jahre und älter. Das Land will mehr Quereinsteiger für den Beruf begeistern.

Kita-Alltag: Eine Erzieherin ist im Schnitt für 6,3 Krippen- oder 11,9 Kindergartenkinder zuständig. Doch selbst diese Betreuung ist in der Praxis schwer einzuhalten. Ein Problem: Krankheitsausfälle, Weiterbildungen sowie Vorbereitungsstunden sind bisher nicht in die Personalschlüssel einkalkuliert. SPD und Grüne fordern seit vielen Jahren eine Wende. Bisher war das stets zu teuer. Doch nun plädiert auch die CDU dafür. Klar ist aber schon jetzt: Für eine solche Änderung müsste das Land das Portemonnaie weit öffnen.