1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Kalbe am Ende der Geduld

Bohrschlammdeponie Kalbe am Ende der Geduld

Erst 2020 soll klar sein, ob die Bohrschlammdeponie Brüchau ausgeräumt wird. Der Stadt Kalbe reicht es jetzt, sie fordert Hilfe von oben.

Von Alexander Walter 22.12.2017, 00:01

Kalbe/Magdeburg l Im Streit über die Zukunft der Giftschlammdeponie Brüchau (Stadt Kalbe/Milde) verschärft die Stadt den Ton gegenüber der Landesregierung. „Das Maß an Geduld ist voll“, sagte Bürgermeister Karsten Ruth am Donnerstag. In einem offenen Brief haben sich er und seine Stadträte an Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) gewandt.

Anlass sind Verzögerungen bei Untersuchungen der Gefahrenstoffe in der Deponie. Sie sollen Entscheidungs-grundlage dafür sein, ob die Grube ausgeräumt oder nur mit einer Spezialfolie abgedeckt wird. Nach Kenntnis der Stadt wollte die Betreiberfirma Engie E&P Ergebnisse ursprünglich Ende 2018 vorlegen. Nach Darlegungen im Wirtschaftsausschuss des Landtags bekräftigte E&P-Sprecher Stefan Brieske am Donnerstag aber erneut, Ergebnisse seien wegen nötiger Abstimmungsverfahren mit Landeseinrichtungen nicht vor 2020 zu erwarten.

„Für die Bürger ist das ein fatales Signal“, sagte Bürgermeister Ruth. Mit jedem Tag wachse möglicherweise die gesundheitliche Gefahr für die Bevölkerung. Befürchtet werde unter anderem ein Zusammenhang mit einem subjektiv wahrgenommenen Anstieg von Krebsfällen. Den Minister forderte Ruth auf, sich von einer „bürokratischen Betrachtungsweise zu lösen.“

Die Stadt fordert eine Lösung, „die jegliches Risiko für die Bevölkerung ausschließt. Nach aktuellem Stand ist das die Komplettberäumung“, sagte Ruth. Die Ausräumung wäre mit 21 Millionen Euro deutlich teurer als die die Abdeckung. Letztere würde vier Millionen Euro kosten. In der auch „Silbersee“ genannten Deponie wurden über 40 Jahre giftige Abwässer, Bohrschlämme und Sondermüll aus Chemiebetrieben verklappt. Vom Grundwasser trennt die Grube eine teils nur 70 Zentimeter dicke Mergelschicht.

Das Wirtschaftsministerium bestätigte gestern den Eingang des Briefes. Sorgen würden ernst genommen, sagte Sprecher Matthias Stoffregen. Nach allen vorliegenden Untersuchungen gehe von der Deponie keine Gefahr für Bevölkerung oder Umwelt aus. Untersucht werde aktuell dennoch, ob es um die Grube eine auffällige Häufung von Krebsfällen gibt. Der von Engie E&P vorgelegte Zeitplan steht allerdings nicht zur Debatte: „Da geht Sorgfalt vor Schnelligkeit.“

Die Bürgerinitiative „Saubere Umwelt und Energie Altmark“ hält alle neuerlichen Analysen derweil für unnötig. Gutachten hätten schon vor Jahren Grenzwertüberschreitungen im Grundwasser etwa für Chloride und radioaktive Stoffe ergeben. „Die Grube ist zweifelsfrei undicht“, sagte BI-Sprecher Christfried Lenz. Neue Analysen sollten einzig dazu dienen, die Ausräumung für unnötig zu erklären.