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Bürgerstiftungen Engagement für Ökogarten oder Turmuhr

In Sachsen-Anhalt bringen sich Menschen in Bürgerstiftungen ein. Das Geld ist so meist knapp, das bürgerschaftliche Engagement aber groß.

Von Dörthe Hein, dpa 21.01.2017, 08:33

Magdeburg/Halle (dpa) l Etwas für die eigene Stadt tun und für den Zusammenhalt: In mehreren Städten Sachsen-Anhalts sind in den vergangenen Jahren Bürgerstiftungen entstanden. Die Menschen und Unternehmen engagieren sich dabei in ganz unterschiedlicher Form. Die einen geben Geld, andere bringen Ideen, Wissen oder Zeit ein. Die Projekte sind ganz unterschiedlich: In Halle etwa gehen Ehrenamtliche mit Kindern in die Oper oder ins Theater, in Wittenberg wurde eine Turmuhr repariert, in Quedlinburg wurde ein Ökogarten gerettet. Das Landes- verwaltungsamt als Stiftungsbehörde hat seit 2004 rund 20 neue Bürgerstiftungen registriert, manche allein von Bürgern angeschoben, viele bekamen Hilfe von Unternehmen.

Bürgerstiftungen gibt es in Deutschland seit rund 20 Jahren. Im Gegensatz zu Vereinen hat eine Bürgerstiftung Stiftungskapital, das dauerhaft erhalten bleibt sowie einen oder mehrere Zwecke, an denen nicht gerüttelt werden kann. Die Zinsen, die derzeit allerdings sehr niedrig sind, finanzieren Projekte. Hinzu kommen Spenden, Fördermittel und Zuwendungen von Sponsoren.

Die Bürgerstiftung Halle entstand 2004. 75 Gründungsstifter brachten zusammen 39.000 Euro auf. Um die Stiftung bekannt zu machen, wurde altes Filmmaterial aus der Saalestadt gesammelt – es gab viele gut besuchte Filmvorführungen in den Folgejahren und DVDs, sagte Sprecherin Karoline Friebel. Inzwischen gebe es etwa zwölf unterschiedliche Projekte. Beispielsweise erklären Dutzende neue Zusatzschilder die Bedeutung von Straßennamen – "Bildung im Vorübergehen" nennt sich das Projekt. Besonders gut laufe "Max geht in die Oper", bei dem Ehrenamtliche mit Kindern Theater, Museen und andere Kultureinrichtungen besuchen. 90 Kinder und Erwachsene machten derzeit mit. Die Bürgerstiftung Halle hat eine breite Basis. Laut Friebel gibt es weit mehr als 1000 Stifter und Spender. Pro Jahr stünden etwa 200.000 Euro aus Fördermitteln, Spenden und Sponsoring zur Verfügung. Derzeit ist die Bürgerstiftung noch auf der Suche nach neuen Projektideen für 2017.

Zu den jungen Bürgerstiftungen im Land gehört die in Wittenberg. Sie wurde 2015 anerkannt und hat ein Stiftungskapital von knapp 36.000 Euro. 2017 solle das Stiftungskapital erhöht werden, sagte der Vorstandsvorsitzende Jens Krause. Das sei aufwendig: "Der Stiftungsgedanke ist bei uns noch nicht so verbreitet." Auch wenn die Stiftung jung ist, hat sie schon Sichtbares auf den Weg gebracht: 2015 setzte sie die Turmuhr an der Stadtkirche instand. Binnen vier Wochen kamen dafür 12 000 Euro zusammen. "Da haben wir den Nerv der Zeit getroffen." Die Stiftung kümmert sich aber auch um die Verschönerung des Wittenberger Schwanenteiches und versteigert aktuell Kunst. Weil es derzeit so gut wie keine Zinsen auf Kapital gibt, will die Bürgerstiftung Wittenberg eine Eigentumswohnung kaufen - und auf die Mieteinnahmen setzen.

Die rund zehn Jahre bestehende Bürgerstiftung Quedlingburg wird mit einem Stifterweg seit Anfang dieses Jahres auch im Zentrum der Stadt sichtbar. Sie hat in einem Wettbewerb Kinder Motive für Plaketten gestalten lassen, mit denen sich Spendenwillige auf dem Weg vom Rathaus bis zum Stiftsberg verewigen können, wie der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Josef Dahl, sagte. Von rund 1000 Euro je Bronzeguss flössen 400 Euro in satzungsgemäße Zwecke oder erhöhten das Stiftungskapital. Das beträgt laut Dahl inzwischen nahezu 200.000 Euro. Aus den Erträgen würden etwa eine Kinderstadt unterstützt sowie ein Ökogarten, der mit einer großen Spenden-Aktion gerettet worden sei. Und auch ein Denkmal auf dem Markt hat die Bürgerstiftung erneuert.

Die jüngste der insgesamt 292 Stiftungen im Land ist die Bürgerstiftung "Wir für Zerbst". Sie erhielt erst vor einigen Tagen, am 13. Januar, ihre Anerkennungsurkunde und ist ein Beispiel für eine von einem Unternehmen initiierte Stiftung. Die Getec green energy AG, die in Zerbst einen Energiepark zur Nutzung von Wind, Sonne und Biomasse betreibt, hat das Stiftungskapital von 50.000 Euro eingebracht. "Wir erfahren hier in der Region für unsere Arbeit enorme Unterstützung und Akzeptanz durch die Menschen und durch die Stadt Zerbst. Deshalb wollen wir der Region mit der Bürgerstiftung auch etwas davon zurückgeben", erklärte Unternehmens-Vorstand Chris Döhring. "Zugleich motivieren wir mit der Initiative Bürgerinnen und Bürger, ebenfalls in die Stiftung zu spenden und sich zu engagieren." Das erste Projekt soll das Zerbster Prozessionsspiel nach einer spätmittelalterlichen Überlieferung sein.