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Bundeswehr Kommandeur: "Wir bauen Brücken fürs Land"

Landeskommandeur Oberst Halvor Adrian über Hilfen zum Reformationsjubiläum und andere Projekte.

Von Matthias Fricke 11.01.2017, 00:01

Sie sind gerade umgezogen, da gab es einen Brandanschlag auf das neue Landeskommando. Wie hoch sind die Schäden?

Halvor Adrian: Das können wir immer noch nicht genau sagen. Sie sind aber weitaus höher als die von der Feuerwehr geschätzten 75.000 Euro. Die Reparaturarbeiten werden erst Ende des Monats abgeschlossen sein. Ich kann aber schon jetzt feststellen, dass ein Anschlag auf eine bewohnte Unterkunft eine ganz neue Qualität ist. 

Was hat das für Auswirkungen auf die Zukunft an diesem Standort?

Wir werden die Absicherung des Landeskommandos verbessern. Zum einen werden die Zäune aufgerüstet und in der Höhe verändert. Und zum anderen soll es eine Videoüberwachung geben, die durch einen Wachdienst ergänzt wird. 

Sie waren vorher am westlichen Stadtrand untergebracht und das Karrierecenter im Norden Magdeburgs. Warum war der Umzug nötig?

Weil die Liegenschaft am Diesdorfer Graseweg einen erheblichen Sanierungsbedarf hatte. Man hätte erheblich Geld in die Hand nehmen müssen. Es wurden verschiedene Varianten untersucht, auch die der Nutzung der Liegenschaft im Stadtteil Rothensee. Am Ende wurde nun die Immobilie Am Buckauer Tor gefunden, was aus unserer Sicht die beste Lösung ist. Hier sind jetzt das Landeskommando , die Jugendoffiziere und das Karrierecenter gemeinsam untergebracht. 

Wie viele Mitarbeiter werden dann hier untergebracht sein?

Vom Landeskommando werden es etwa 60 Mitarbeiter und vom Karrierecenter rund 50 Mitarbeiter sein.

Was waren die wichtigsten Aufgaben der Bundeswehr in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr?

Ein wichtiges Stichwort ist natürlich die Flüchtlingshilfe. Dafür haben wir im letzten Jahr erheblich Personal abgestellt. Zum Beispiel auch zur Unterstützung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Dazu kam Material, wie Betten und Zelte. Die größte Unterstützung leisteten wir durch Unterkunftskapazitäten in den Bundeswehrstandorten in Altengrabow und Klietz. In Altengrabow waren es etwa 300 und in Klietz etwa 630 Plätze, die wir dem Land zur Verfügung gestellt haben. Das war eine Unterstützung, die der Bundeswehr auch schwer gefallen ist. Das muss man so sagen. Wir nahmen da Nachteile in Kauf, weil die Übungsplätze einen Teil der Ausbildungsfähigkeit verloren haben. Die übende Truppe konnte zumindest in den Bereichen nicht untergebracht werden und somit sind die Plätze in der Zeit auch ein Stück unattraktiver geworden. Mit Auslaufen des Mietvertrages im Dezember 2016 konnten zumindest die Unterkunftsplätze in Altengrabow der Bundeswehr zurückgegeben werden. Wir werden aber mindestens sechs Monate benötigen, um das wieder zurückzurüsten. 

Und wie sieht es in Klietz aus?

Der alte Mietvertrag läuft zum 30. April 2017 aus. Es gibt hier aber eine Folgeregelung, so dass Klietz für 170 Flüchtlinge weiter genutzt werden kann. Das ist nur noch ein Drittel von dem, was wir bisher in Klietz zur Verfügung gestellt haben. Das Land und die Bundeswehr sind sich insofern einig, dass in Klietz die Plätze mindestens bis Ende 2017 noch zur Verfügung stehen. 

Hat das noch Auswirkungen für die übende Truppe?

Der Truppenübungsplatz und die Unterkünfte sind natürlich aufeinander zugeschnitten. Das heißt, uns stehen die 100 Prozent Kapazität noch nicht zur Verfügung. Es wird aber besser, wenn wir den Großteil der Nutzfläche zurückerhalten. Es könnte sein, dass übende Verbände sagen, Klietz ist uns zu klein. Die Nachteile in Hinsicht der Ausbildung für das Jahr 2017 sind aber noch hinnehmbar. Letzlich ist die Bundeswehr die Verpflichtung eingegangen, zu helfen. Da muss man auch mit Einschränkungen eben leben. 

Was sind dieses Jahr die größten Herausforderungen?

Natürlich auch das Reformationsjubiläum. Am 28. Mai werden wir den Kirchentags-Gottesdienst in Wittenberg mit hohem Aufwand unterstützen. Da sind wir um erhebliche Hilfe gebeten worden. Das wird sicher ein Kraftakt, weil im Folgemonat schon der Sachsen-Anhalt-Tag ist, bei dem sich alle Truppenteile vorstellen. Und in Weißenfels wird dieses Jahr, ebenfalls im Juni, der Tag der Bundeswehr ausgerichtet. 

Sie sprechen von erheblicher Unterstützung zum Kirchentag in Wittenberg. Wie sieht die aus?

Wir sind in fünf Bereichen um Amtshilfe gebeten worden. Erstens soll die Bundeswehr ein sogenanntes leichtes Rettungszentrum aufbauen, unmittelbar am Gottesdienstgelände südlich der Elbe. Das provisorische Lazarett in Wittenberg hat die Qualität eines Kreiskrankenhauses. Darüber hinaus sind spezielle Sanitätsfahrzeuge angefragt, die in der Lage sind, auf dem weichen oder möglicherweise sumpfigen Gelände der Elbwiesen zu fahren und kleinere Gräben überwinden. Die dritte und vierte angefragte Unterstützung ist das Verbindungspersonal wie Sanitätsoffiziere. 

Hilfe soll auch aus der Luft kommen?

Richtig. Wir stellen Transportkapazitäten durch Heeresflieger. Da werden wir sicher auf die Hubschrauber in Holzdorf zurückgreifen, falls eine größere Anzahl an Verletzten abtransportiert werden muss. Zwei Anfragen sind bereits positiv entschieden worden, zwei sind nur noch Formsache. 

Und die fünfte?

Die fünfte Anfrage auf Basis der Amtshilfe ist der Bau einer Fallschwimmbrücke. 

Was hat es damit auf sich?

Das ist eine Pionierbrücke über die Elbe. Pontons, die schwimmen, werden oberhalb der Überquerung ins Wasser gebracht und aufgeklappt. Diese Teile können dann von den Soldaten mit Pionierbooten zur Brücke zusammengefügt werden. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, da die Elbe bei Wittenberg etwa 100 bis 120 Meter breit sein dürfte. Die Pontonbrücke wird zwischen den nördlich und südlich gelegenen Auewiesen der Elbe eine zusätzliche Möglichkeit für Fußgänger bieten, um zum Gottesdienstgelände zu kommen. Bei dem Antrag, der uns vorliegt, geht es darum, dass die Straßenbrücke der Bundesstraße 2 ein Stück weiter für den Fahrzeugverkehr freigehalten werden soll. Die Besucher, die mit der Bahn kommen, sollen dann über die Auewiesen über die Pontonbrücke zum Gottesdienst gehen. Das ist aber noch nicht entschieden. 

Warum nicht?

Wir helfen, wenn wir es können, und bauen auch Brücken fürs Land. Aber natürlich muss die Bundeswehr an solche Vorhaben auch Auflagen knüpfen. Den Kirchentagsbesuchern darf schließlich nichts passieren. Die Nutzung der Brücke muss gut geregelt sein, zum Beispiel auch die Zahl der Besucher vor dem Übergang. Das liegt aber nicht in unserer Regie. Das ist Aufgabe des Veranstalters. Dazu gibt es im Moment Gespräche. Die Sicherheit muss geklärt sein. 

Was ist eigentlich aus der geplanten gemeinsamen Übung zwischen Bundeswehr und Polizei geworden?

Die Übung soll in der ersten Märzwoche stattfinden. Beteiligt daran sind Bayern, Baden-Württemberg, das Saarland, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Wir als Bundeswehr sind nicht federführend. Dafür sind die Innenressorts der Länder zuständig. Diese würden uns im Ernstfall anfordern. In der dreitägigen Übung werden verschiedene Szenarien theoretisch durchgespielt. Trainiert werden soll vor allem das Abstimmungsverfahren und Koordinieren der Kräfte. Die Bundeswehr kann dann nur ergänzende Fähigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen den Polizeien zur Verfügung stellen.