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CDU-Parteitag Rückendeckung von SPD-Mann

Die CDU hat ihr Wahlprogramm beschlossen. Für die größte Überraschung beim Landesparteitag in Staßfurt sorgte Gewerkschafter Udo Gebhardt.

Von Michael Bock 07.12.2015, 00:01

Staßfurt l Udo Gebhardt ist seit 2003 DGB-Landesvorsitzender. Am Sonnabend war der Gewerkschafter Gast beim CDU-Parteitag. Und hatte dort einen bemerkenswerten Auftritt. Gebhardt, der noch 2011 Dessauer Direktkandidat der SPD für den Landtag gewesen war, legte sich in seiner Rede vor den Delegierten mächtig für Ministerpräsident Reiner Haseloff und die CDU ins Zeug. Mit Blick auf den Landtagswahlkampf sagte er: „Dann gib mal Gas, lieber Reiner. Was ich dazu beisteuern kann, werde ich gerne tun.“

Die Delegierten waren baff. Gebhardt plauderte aus, dass er auch eine Einladung zum zeitgleich tagenden SPD-Parteitag in Wittenberg erhalten habe. Aber: „Ich gehe davon aus, dass die Genossen mich nicht vermissen werden.“ Stattdessen lobte er die Union über den grünen Klee: „Die CDU erfindet sich neu. Sie wird jung, urban, sportiv und digital.“ Als er dann noch sagte, dass die Gewerkschaften mit der CDA, dem Arbeitnehmerflügel der CDU also, den Mindestlohn durchbekommen hätten, war das Erstaunen grenzenlos. Denn: Auf den Mindestlohn hatte stets die SPD gepocht.

Über die Gründe für Gebhardts Auftritt lässt sich trefflich spekulieren. Zum einen ist Haseloff sehr an einem guten Verhältnis zu den Gewerkschaften gelegen. Er und Gebhardt kennen sich seit 25 Jahren. Zum anderen hatte Gebhardt 2011 schwere Verstimmungen in der Parteispitze ausgelöst. Seinerzeit riefen er und der Grünen-Kandidat vier Tage vor der Landtagswahl zum „rot-grünen Stimmensplitting“ auf. Sie warben dafür, die Erststimme für Gebhardt von der SPD abzugeben. Im Gegenzug sollte die Zweitstimme an die Bündnisgrünen gehen.

Dieser Vorstoß erwischte die Parteispitze kalt. Landes- und Fraktionschefin Katrin Budde konnte ihren Ärger über den Alleingang des gelernten Maurers nur mühsam verbergen: „Das ist eine Privatangelegenheit von Udo Gebhardt.“ Bereits kurz zuvor hatte Gebhardt in der SPD für Stirnrunzeln gesorgt, weil er eine vom DGB und der Linken in Auftrag gegebene „Studie über prekäre Beschäftigung“ mit dem Linken-Spitzenkandidaten Wulf Gallert vorgestellt hatte. Bei der Landtagswahl landete Gebhardt mit 19,6 Prozent der Erststimmen abgeschlagen auf dem dritten Rang. Der Listenplatz 31 reichte nicht für den Einzug in den Landtag.

Budde, am Sonnabend in Abwesenheit von Gebhardt zur Spitzenkandidatin gewählt, war am Sonntag nicht erreichbar. Gebhardts Auftritt verlieh dem CDU-Parteitag Extra-Schwung. „Wir stehen für Stabilität, wir sind der Anker und Pflock in der Mitte“, sagte Haseloff. „Wir dürfen keine Experimente zulassen.“ Im Land dürfe nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben werden. Mit Blick auf die AfD sagte Haseloff: „Rechts von der CDU dürfen wir keinen Raum für politische Rattenfänger lassen.“ Er bekräftigte, dass er eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausschließe.

Landeschef Thomas Webel sagte: „Wir setzen auf Sieg.“ Die CDU stehe für „klare Verhältnisse“. Sie wolle weiter aus der Mitte heraus Politik gestalten. Webel: „Wir wollen Rot-Rot verhindern.“ Der Parteichef sagte zur Flüchtlingspolitik, dass der Zuzug begrenzt werden müsse: „Es gibt eindeutig Belastungsgrenzen.“ Zuvor hatte der Chef des Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier (CDU), die Attentate in Paris als „Anschlag auf die Grundfesten unserer freien, offenen Gesellschaft“ bezeichnet. Er sagte: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Terroristen am Ende gewinnen.“

Der CDU-Parteitag beschloss einstimmig ein Regierungsprogramm. Kernpunkte sind etwa eine Personalaufstockung bei der Polizei, die Einführung von Grundschulverbänden in ländlichen Gebieten oder die Aufnahme einer Schuldenbremse in die Landesverfassung. Ein von CDU-Fraktionschef André Schröder eingebrachter Zehn-Punkte-Plan zur Asylpolitik verlangt eine Europäisierung des Asylrechts mit einheitlichen Verfahren und Leistungsniveaus. Für Bürgerkriegsflüchtlinge sollen Kontingente gelten und Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber verstärkt werden, heißt es in dem Antrag. Meinung