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Denkmalschutz Sonnenstrom soll Schloss Walbeck retten

Solarkraftwerke und andere Nutzungsideen sollen Schloss Walbeck bei Hettstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz retten.

Von Bianca Kahl 17.07.2016, 06:00

Walbeck l Walbeck ist ein kleiner Ort bei Hettstedt. Nicht einmal 5000 Einwohner leben hier. Doch es ist ein sehr alter Ort, der einige Überraschungen zu bieten hat. Dazu gehört eine 22  000 Quadratmeter große Schlossanlage, bestehend aus einem zentralen Gutshaus mit zwei Seitenflügeln, einem großen Schlosshof und 13 Wirtschaftsgebäuden. „Königreich der Stoffe“ steht auf einem Schild. Aus dem Torwärterhäuschen kommt Peter Endres. Er ist nicht etwa der Pförtner, sondern der Herr dieses außergewöhnlichen Reiches. „Sonnenkönig“ wäre ein schöner Titel für ihn, doch er winkt nur ab.

Peter Endres hat große Träume, seit er die marode Schlossanlage im Frühjahr 2011 für 58  000 Euro ersteigerte und ihr den Namen „Sonnenschloss“ verlieh. Auf den Dächern baute der Unternehmer ein 6000 Quadratmeter großes Kraftwerk mit einer Leistung von etwa 730  Kilowatt mithilfe von 16 Photovoltaik-Anlagen. Genug, um 200   Familien mit Strom zu versorgen, und um eine 1000 Jahre alte, denkmalgeschützte Schlossanlage vor dem Verfall zu retten. Denn die Dächer sind bereits undicht gewesen, viele Balken morsch, die Dachstühle waren teils einsturzgefährdet. Die Innenräume hatten voll Schutt gelegen, und es war nur eine Frage der Zeit und des Wetters, wie lange das Schloss noch stehen würde.

Mit der Installation der Sonnenkollektoren ist Peter Endres in der Lage gewesen, die Dächer zu sanieren. Das hat auch die Zustimmung des Denkmalschutzes gefunden, denn ohne eine wirtschaftliche Nutzung hätten sich die Investitionen für niemanden gelohnt. Im Dezember 2011 ging das erste Modul in Betrieb.

Danach stellte sich die Frage: Was passiert mit dem vielen Raum, der sich unter den Dächern verbirgt? Peter Endres holt die Walbecker Bevölkerung ins Boot, gründet einen Förderverein, klopft bei der Leader-Aktionsgruppe Mansfeld-Südharz an. So erhält er allein aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (Eler) 145  000 Euro Förderung. Für insgesamt 503  000 Euro kann er die Fassade und die Fenster des Herrenhauses nach historischem Vorbild wiederherrichten. Stolz zeigt er das Hauptgebäude, das jetzt wieder in einem hellen Sonnengelb erstrahlt.

„Dächer, Fenster – von außen ist jetzt alles geschützt“, sagt der Schlossherr. Innen können allerdings noch freundlichere Perspektiven einziehen. Eine Gaststätte könnte sich der Hausherr hier zum Beispiel gut vorstellen. Stück für Stück sollen Veranstaltungs- und Ausstellungsräume entstehen. Eine junge Initiative aus Hettstedt um die engagierte Unternehmerin Franziska Hillmer arbeitet daran, ein kleines Wirtschafts- und Gründerzentrum einzurichten. Als Vorbild dient das österreichische Otelo-Projekt – ein offenes Technologie-Labor, das Kreativen und Existenzgründern kostenlos eine Basis-Infrastruktur zur Verfügung stellt.

Im Südflügel hat Endres schon damit begonnen, vier Wohnungen herzurichten. Eine davon ist bereits bezogen. Die Mieterin hat auch den alten Schafstall gepachtet und darin ihr „Königreich der Stoffe“ errichtet, auf das das Außenschild verweist: Annett Willert, geboren in Walbeck, versendet in die ganze Welt Textilien. Schon als sie hörte, dass das Schloss saniert werden soll, war für sie klar, wo sie fortan residieren will.

Peter Endres freut sich über jeden, der eigene Ideen hat und mit anpacken will. Zu seinen Zielen gehört auch, jemanden zu finden, der auf dem Gelände eine ökologische Gärtnerei betreibt. Er selbst ist studierter Agraringenieur. Wenn er sein Walbecker Sonnenreich betrachtet, dann hat er einen E-Bike-Verleih und eine Elektrotankstelle vor Augen.

Nachhaltigkeit bedeutet für ihn nicht nur Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Nachhaltigkeit bedeutet auch, die Dorfbewohner beim Erhalt des Schlosses einzubinden. Dies hier ist ihr Schloss. Das einstige Benediktinerinnen-Kloster ist aus Walbeck nicht wegzudenken und hat das Potenzial, eine ganze Region zu beleben. Bewusst beschäftigt Endres bei seinen Vorhaben nur Handwerksbetriebe aus der Region.

Rund zwei Millionen Euro hat Peter Endres bereits investiert. Für sich und seine Frau hat er das Torwärterhäuschen liebevoll saniert und sich eine Gästewohnung eingerichtet. Dort hält sich der Unternehmer aus Baden-Württemberg auf, wenn er in der Gegend zu tun hat. Weitere Ferienwohnungen sind geplant. Auch eine Reithalle und vermietbare Pferdeboxen hat er wieder hergerichtet, um die Reitsport-tradition neu zu beleben.

Er könnte noch viele Träume aufzählen, die er für sein Sonnenschloss hat. Bis hin zu einem eigenen Weinberg reichen sie. „Doch wenn ich eins in den letzten Jahren gelernt habe, dann dass ich nur einen Schritt nach dem anderen gehen kann“, sagt er. Der „Sonnenkönig“ strahlt.