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Deutsche Bahn Rekordstrafen für unpünktliche Regionalzüge

Sachsen-Anhalt verhängt wegen Verspätungen Bußgelder in Millionenhöhe gegen die Deutsche Bahn. Ursache sind häufig Baustellen.

Von Jens Schmidt 27.10.2016, 09:19

Magdeburg l Kommen Züge zu spät, verlangt Sachsen-Anhalt Strafgelder - so genannte Pönalen. Die Regelung gilt für Regionalbahn und Regio-Express - nicht aber für Fernzüge. Für den Betrieb aller bestellten Linien zahlt das Land als Auftraggeber jährlich gut 400 Millionen Euro so genannter Regionalisierungsmittel an Anbieter wie DB Regio, Hex oder Abelio. Hakt es mit Pünktlichkeit oder Qualität, werden Bußen fällig.

Dieses Jahr stehen Rekordstrafen ins Haus. Allein wegen Verspätungen gut 11 Millionen Euro. Damit setzt sich der Trend des vorigen Jahres fort, als 10 Millionen Euro fällig waren – bereits dreimal mehr als in den Jahren zuvor. Hauptgrund: Zeitgleich mit dem Neubau der ICE-Schnellstrecke Berlin–München bis Ende 2017 werden auch die Bahnknoten in Magdeburg, Halle und Dessau komplett umgebaut.

Die Modernisierung in den drei Städten sollte eigentlich schon vor mehr als zehn Jahren passieren, doch die Chefetage der Bahn AG trat immer wieder auf die Bremse. „Nun ballt sich alles“, klagt Klaus Rüdiger Malter, Geschäftsführer der landeseigenen Verkehrsgesellschaft Nasa. Die Folge: Massive Unpünktlichkeit.

Die an verschiedenen Messstellen registrierten Verspätungen summieren sich bis Jahresende voraussichtlich auf gut 1,6 Millionen Minuten. Betroffen sind vor allem Züge über Bitterfeld sowie von Halle nach Leipzig aber auch die Linie Salzwedel–Magdeburg–Naumburg. Die Nasa monierte in diesem Jahr auch erhebliche Qualitätsmängel wie zu alte oder unsaubere Züge. Bis Dezember kommen hier voraussichtlich 6 Millionen Euro Pönalen zusammen – doppelt so viel wie 2015 und sechsmal mehr als in den Jahren zuvor. So fuhr DB Regio auf der Linie Leipzig–Dessau–Magdeburg bis Oktober mit veralteten Wagen, weil die neuen nicht so schnell geliefert werden konnten.

Lediglich bei Zugausfällen scheint sich die Lage zu bessern: Nach fast 11 Millionen Euro Strafe im Vorjahr, wird sich die Summe 2016 wohl nur um die 3 Millionen einpendeln.

In den letzten Jahren hat das Verkehrsministerium Strafgeldeinnahmen von etwa 90 Millionen Euro angesammelt. Etwa 20 Millionen Euro kommen 2016 hinzu. Die Gelder sollen eigentlich wieder in den großen Topf für den regionalen Schienenverkehr fließen - um Linien zu bestellen, schönere Bahnsteige oder mehr Service zu finanzieren. Doch daraus wird erstmal nichts. Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) wird aus dem Strafgeldtopf zwei Jahre lang den Schulbusverkehr mitfinanzieren. Dafür sind 2017/18 gut 62 Millionen Euro fällig.

Seit Jahren zahlt das Land diese Busse aus dem Bahngeld-Topf. Seit Jahren ist das umstritten. Die CDU-SPD-Grünen-Koalition wollte mit dieser Praxis eigentlich brechen. Linken-Verkehrspolitikerin Doreen Hildebrandt kritisiert nun den Rückfall: „Das ist unverschämt.“ Denn: Ab 2022 werden die vom Bund überwiesenen Regionalisierungsmittel für den Bahnverkehr deutlich zurückgehen. Daher sei es wichtig, mit den jetzt angesparten Strafgeldern einen finanziellen Puffer zu schaffen.

Webels Verkehrsministerium teilte auf Nachfrage der Volksstimme mit, dass ab 2019 die umstrittene Praxis ein Ende haben soll.

Dann muss das Geld für die Busse aus der Landeskasse kommen. Woher genau, weiß aber heute noch niemand.