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Engpass Feuerwehren auf dem Land in Personalnot

Die Personalengpässe bei Sachsen-Anhalts Feuerwehren werden immer dramatischer.

Von Alexander Walter 19.12.2016, 00:01

Magdeburg/Gardelegen l „Wir haben massive Probleme mit der Einsatzbereitschaft“, sagt Sven Rasch. Er ist Stadtwehrleiter von Gardelegen, der flächenmäßig drittgrößten Stadt Deutschlands. Mehrere freiwillige Wehren in den 49 Ortsteilen könnten im Notfall kaum noch genügend Kräfte aufbieten, sagt Rasch. Im Dorf Jeggau etwa habe sich die Feuerwehr schon vor Jahren aufgelöst. Im benachbarten Breitenfeld droht der Truppe wegen fehlender junger Einwohner nun ebenfalls das Aus.

Für den Fall, dass sich die Lage weiter verschlechtert, hat Bürgermeisterin Mandy Zepig angekündigt, Bürger notfalls zum Dienst zu verpflichten. Paragraf 11 des Brandschutzgesetzes sieht die Einrichtung der sogenannten Pflichtfeuerwehr für den Fall vor, dass eine Gemeinde nicht in der Lage ist, genügend Freiwillige zu gewinnen. Dann müssen Kommunen gesunde Einwohner zwischen dem 18. und 55. Lebensjahr zum Dienst heranziehen. In Sachsen-Anhalt wurde bereits zwei Mal eine Pflichtwehr eingesetzt. 1995 in Jerichow und 2008 in Pietzpuhl (Jerichower Land).

Sven Rasch hält das Szenario „Feuer-Wehrpflicht“ in Gardelegen für durchaus realistisch. Laut Brandschutzgesetz soll die Feuerwehr innerhalb von 12 Minuten nach Alarmierung am Einsatzort sein, sagt er. Schaffen Wehren das trotz gemeinsamer Alarmierung nicht, müsste die Stadt die Bürger verpflichten.

Nicht nur in Gardelegen fehlen Kräfte. „Die Situation ist insgesamt angespannt“, sagt Landesfeuerwehrchef Kai-Uwe Lohse. Probleme gebe es im gesamten ländlichen Raum, etwa im Altmarkkreis Salzwedel, im Landkreis Stendal oder im Nordharz. Laut Innenministerium sank die Zahl der Feuerwehrmitglieder zwischen 2007 und 2015 von 38 500 auf 32 500. Das entspricht einem Rückgang um 15,6 Prozent.

Die Einführung von Pflichtwehren hält Lohse dennoch für die „Ultima Ratio“. Der Landesfeuerwehrchef setzt stattdessen auf die für 2017 geplante Novelle des Brandschutzgesetzes. Diese sieht zahlreiche Verbesserungen zugunsten der freiwilligen Wehren vor. So soll die Altersgrenze für aktive Wehrleute von 65 auf 67 Jahre steigen. Für Kinderwehren soll es flexiblere Altersgrenzen geben. Arbeitsplätze bei Kommunen sollen bei gleicher Eignung bevorzugt an Wehrmitglieder vergeben werden. Der Landtag muss der Novelle noch zustimmen.