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Facebook Der schwarze Kanal

Bildungsminister Marco Tullner hat auf Facebook Fragen der User beantwortet. Damit hat er Digitalgeschichte geschrieben.

Von Hagen Eichler 08.08.2016, 21:43

Magdeburg l Nach nur einer Minute will das i-Pod nicht mehr: Bildungsminister Marco Tullner (CDU) spricht in die Kamera, doch die Verbindung bricht ab. Was als „erste Facebook-Sprechstunde einer deutschen Landesregierung“ angekündigt wurde, beginnt mit einer Panne. Hinter der Kamera tippt Tullners Sprecher auf dem Handy-Display herum, Sekunden später ist Tullner wieder auf Sendung – und jetzt hält die Technik auch durch. Knapp 30 Minuten beantwortet der Minister am Montagnachmittag Fragen von Facebook-Nutzern. Eine Premiere.

Für altgediente Ministeriale dürfte diese Art Kommunikation ein Kulturschock sein. Im Ministerium an der Turmschanzenstraße gibt es nicht einmal kabelloses Internet, ein Stativ und ein bohnengroßes Mikrofon sind Leihgaben der Staatskanzlei. „Entweder wir kommen in die heute-Show oder in die FAZ“, hatte Tullner vor dem Start geflachst.

Eine kritische Frage nimmt sich Tullner als Erstes vor. Warum beerdigt der Minister mit der Abschaffung der verpflichtenden Mathe-Prüfung im Abi-tur die CDU-Bildungspolitik?, will ein Nutzer wissen, der unter dem Namen Maik Mayer schreibt. Den Vorwurf sinkender Qualität weist Tullner zurück. Es gehe um „mehr Einheitlichkeit bei den Bildungsstandards“, und für die trete er ein. Zack, nächste Frage.

Fehlende Lehrer, lange Anfahrtswege zum Unterricht, Fördermittel für Schulsanierungen – lang ist die Liste der Fragen. Hinter der Kamera hält eine Mitarbeiterin einen handgeschriebenen Zettel hoch: „Langsamer reden!“ Tullner nickt. Er zeigt sich offen für Wünsche, spricht von Baustellen, wirbt um Geduld. Warum gibt es in der Grundschule Röblingen am See (Mansfeld-Südharz) für sieben Klassen nur sechs Lehrer? Da müsse er passen, sagt Tullner, verspricht aber, eine Antwort nachzuliefern.

Nach 25 Minuten endet die Premiere. „2273 Page Impressions“, sagt Tullners Sprecher Stefan Thurmann – so viele Facebook-Nutzer haben das Video bereits jetzt wahrgenommen. „Das kriegt man bei keiner Bürgersprechstunde.“ Auch Regierungsmitglieder dürften das Experiment verfolgt haben. Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD), von Tullner zum Nacheifern aufgefordert, will jetzt auch vor die Kamera und schreibt: „Ich nehme die Herausforderung sehr gerne an!“