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Fachkräftemangel Investitionen in Zuwanderer lohnen sich

Sachsen-Anhalt fehlen bis 2020 Zehntausende Fachkräfte. Im Kampf gegen den Mangel wirbt Arbeitsagentur-Chef Kay Senius für mehr Zuwanderung.

Von Alexander Walter 03.01.2018, 00:01

Magdeburg l Die Integration von Flüchtlingen „ähnelt einem Langstreckenlauf“, sagte Senius im Interview. Untersuchungen der Forschungseinrichtung der Bundesanstalt für Arbeit gehen davon aus, dass nach einem Jahr erst acht Prozent der Flüchtlinge eine feste Arbeit haben, nach fünf Jahren etwa die Hälfte.

Haupthindernisse seien fehlende Sprachkenntnisse und Schulbildung, unklare Berufsabschlüsse sowie lange Anerkennungsverfahren bei ausländischen Abschlüssen. Trotz der Hürden spricht sich der Agentur-Chef für größere Anstrengungen bei der Integration aus. „Wir sollten alles dafür tun, in diejenigen zu investieren, die dauerhaft bleiben wollen.“

Hintergrund ist auch der zunehmende Fachkräftemangel im Land. Bereits 2015 hatte eine Studie von Arbeitsagentur und Zentrum für Hochschulforschung Halle (ZfH) 80.000 benötigte Fachkräfte bis 2020 prognostiziert. „Dieses Szenario wird offensichtlich Realität“, sagte Senius. Sachsen-Anhalt habe weder gegenwärtig noch künftig die Reserven, den Bedarf auszugleichen. Der Agentur-Chef wirbt daher für mehr Zuwanderung. Um diese zu erleichtern, fordert er ein Einwanderungsgesetz. Sachsen-Anhalt müsse Zuwanderern die Frage beantworten, warum sie in Stendal oder Weißenfels arbeiten sollten und nicht in Bayern oder dem Rhein-Main-Gebiet. Wichtig sei eine „gelebte Willkommenskultur“.

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt rechnet der Agentur-Chef für 2018 mit einem im Bundesvergleich überdurchschnittlich starken Rückgang der Arbeitslosigkeit im Land. Bereits im November hatte der Wert bei 7,7 Prozent gelegen. „Setzt sich die Entwicklung fort, kann die Arbeitslosenquote im Herbst durchaus auch mal bei 7 Prozent liegen“, sagte Senius. Zum Vergleich: 2008 lag der Wert noch bei 13,9 Prozent.

Grund für den jüngsten Rückgang war allerdings nur zum geringeren Teil die gute Konjunktur. So hat die Zahl der Beschäftigten zwischen März 2016 und März 2017 zwar von 777.116 auf 786.677 zugelegt (+9561). Der Zuwachs fiel aber geringer aus als im bundes- und im ostdeutschen Durchschnitt. Hauptsächlich geht die sinkende Quote auf die Überalterung der Bevölkerung zurück. Heißt: In Sachsen-Anhalt wechseln besonders viele Arbeitslose in den Ruhestand und entlasten so die Statistik.

Die Agentur selbst reagiert mit Stellenabbau auf Arbeitsmarktlage und demografische Entwicklung. So wurden 2017 bereits 60 Stellen eingespart, in diesem Jahr sollen 90 folgen, 2019 noch einmal 80. Entlassungen soll es aber nicht geben. Zuletzt hatte die Behörde Außenstellen in Jessen und Querfurt geschlossen. Mittelfristig will die Agentur wenigstens eine Dienststelle pro Landkreis erhalten.