Schärfere Regeln für Nebenjobs

Magdeburg/Dessau l Stahlknecht sagte, dass derzeit Nebentätigkeiten von Beamten lediglich angezeigt, aber nicht mehr explizit genehmigt werden müssten. Früher hätte dafür ein Antrag gestellt werden müssen.

„Ich bin für eine restriktivere Auslegung“, sagte der Innenminister der Volksstimme. „Wenn jemand eine Nebentätigkeit übernehmen will, die ihn in eine wirtschaftliche Abhängigkeit oder in einen Interessenskonflikt bringen könnte, würde ich das untersagen. Der Betrieb eines Gartenlokals würde künftig nicht mehr genehmigt.“ Eine entsprechende Verordnung soll spätestens bis zum Herbst vorliegen.

Momentan ist im Innenministerium noch nicht bekannt, wie viele Polizisten in Sachsen-Anhalt eine Nebentätigkeit ausüben. Die Polizeidirektionen wurden aufgefordert, dem Ministerium innerhalb der nächsten 14 Tage eine Übersicht vorzulegen.

Grund für die Verschärfung der Nebentätigkeiten ist die Konsequenz aus Vorfällen, die im Zusammenhang mit dem Mord an der chinesischen Studentin Yangjie Li stehen. Die Mutter und der Stiefvater des 20-jährigen Tatverdächtigen – beide sind Polizisten – hatten die von ihnen betriebene Gartenkneipe „Freundschaft“ am 3. Juni wiedereröffnet; und das nur einen Tag nach der offiziellen Trauerfeier für die ermordete Studentin. Das hatte für große Empörung gesorgt. Stahlknecht sprach von einem „unsensiblen und pietätlosen Verhalten“.

Stiefvater Jörg S., im Hauptamt bislang Polizeichef in Dessau, wurde daraufhin am 6. Juni vom Dienst suspendiert, seine Frau Ramona S. zwei Tage später. Gegen die Mutter stehen auch Vorwürfe im Raum, dass sie auf die Ermittlungen im Mordfall Einfluss genommen haben soll. Beide waren am Tag der Eröffnung krankgeschrieben.

Für die Gartenkneipe hatte Ramona S. bei der Polizeidirektion Ost eine Nebentätigkeit angezeigt. In einem bestimmten Rahmen ist laut Beamtengesetz eine solche Tätigkeit möglich. So darf nicht mehr als acht Stunden pro Woche nebenher gearbeitet werden. Inzwischen hat die Polizeidirektion Ost Ramona S. die Nebentätigkeit als Chefin der Gartenkneipe untersagt. Jetzt könnte ein Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht drohen.

Für Jörg S. hat die Gartenlokal-Affäre weitgehende Folgen. Er solle jetzt „unverzüglich“ versetzt werden, sagte Stahlknecht. Geplant ist, dass der Dessauer Revierchef künftig in der Polizeihochschule in Aschersleben eingesetzt wird. „Er ist seiner Vorbildfunktion nicht gerecht geworden“, sagte Stahlknecht. Jörg S. habe das Ansehen der Polizei und auch sein eigenes geschädigt. „Ich habe auch eine Fürsorgepflicht ihm gegenüber“, sagte Stahlknecht. „Er ist in dieser exponierten Funktion nicht mehr einsetzbar.“ Das Innenministerium geht indes davon aus, dass die Versetzung zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen wird.

Yangjie Li war am 11. Mai vom Joggen nicht wieder zurückgekehrt. Ihre Leiche wurde zwei Tage später missbraucht und ermordet aufgefunden. Tatverdächtig ist ein junges Paar, das am 23. Mai festgenommen worden war. Meinung