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Gehalt Sie verdient mehr als er

Gegen den Bundestrend: In Sachsen-Anhalt haben Frauen die höheren Gehälter.

13.10.2016, 23:01

Magdeburg l Um die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu verkleinern, will die Bundesregierung mehr Offenheit bei Unternehmen in Bezug auf die Verdienste erzwingen. Betriebe mit mindestens 200 Mitarbeitern sollen ihrer Belegschaft ein individuelles Auskunftsrecht einräumen. Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Beschäftigten werden regelrecht verpflichtet, über die Bezahlung der Arbeitnehmer zu berichten. Doch wie haben sich eigentlich die Verdienste beider Geschlechter entwickelt?

Deutschlandweit ist das Bild eindeutig. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben Männer im vergangenen Jahr mit einem durchschnittlichen Brutto-Monatslohn von 3262 Euro mehr verdient als Frauen. Sie kamen auf 2773 Euro. Während im Westen die Männer deutlich mehr erhalten, ergibt sich für Ostdeutschland jedoch ein etwas anderes Bild. Hier haben Frauen mit monatlich 2476 Euro mehr Geld kassiert als Männer mit 2435 Euro. Auch in Sachsen-Anhalt haben die Frauen mit durchschnittlich 2366 Euro die Nase vorn, die Männer kommen nur auf 2342 Euro.

Die Ursache für die verkehrte Welt im Osten liegt darin, dass die Frauen häufig im öffentlichen Dienst arbeiten und dort oft besser bezahlt werden als die Männer, die in Unternehmen angestellt sind. „In Sachsen-Anhalt dominieren eher klein- und mittelständische Unternehmen, die auch häufig nicht tarifgebunden sind“, erklärt Kay Senius, Chef der Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt. „Dies führt zu einem geringeren Lohnniveau in vielen Wirtschaftsbereichen. Im Vergleich dazu wird der öffentliche Dienst besser bezahlt.“

In der Statistik wirkt sich der Einfluss des öffentlichen Dienstes auch regional entsprechend aus. In Oberzentren wie Magdeburg, Halle, Dessau und Stendal, in denen viele Behörden und öffentliche Institutionen ansässig sind, liegt der Durchschnittsverdienst bei Frauen höher als bei Männern. In ländlichen, strukturschwächeren Gebieten verdienen dagegen Männer mehr.

Aus Sicht von Arbeitsmarkt-Experte Senius verzerrt der öffentliche Dienst deshalb auch das Gehältergefüge. „Den Effekt des öffentlichen Dienstes herausgerechnet, liegt das Entgelt der Frauen unter dem der Männer“, betont Senius. „Außerdem sind mehr als 40 Prozent der Frauen in Teilzeit beschäftigt. Dadurch tragen viele Frauen am Ende des Monats dann doch weniger Geld nach Hause als die häufig vollzeitbeschäftigten Männer.“

Laut Arbeitsmarktstatistik sind in Sachsen-Anhalt zwar jeweils knapp 390.000 Männer und Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Doch mehr als 150.000 dieser Frauen arbeiten lediglich Teilzeit. Frühere Studien haben dazu auch ermittelt, dass viele von ihnen gerne mehr arbeiten würden, es aber nicht können. Die neuen Transparenzregeln der Bundesregierung werden daran zumindest in Ostdeutschland kaum etwas ändern. Die meisten Betriebe in Sachsen-Anhalt haben gerade einmal bis zu zehn Mitarbeiter, relativ wenige beschäftigen 200 und lediglich ein paar Dutzend Firmen zählen mehr als 500 Beschäftigte.

Anders sieht es da im Westen aus. Dort gibt es deutlich mehr Unternehmen und Konzerne, die sich an die neuen Vorschriften halten müssten. Insofern könnte hier eher mit einer Lohnangleichung gerechnet werden.