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Gerichtsprozess Wann wurde der Rentner im Harz getötet?

Der Prozess um den Tod eines alten Mannes im Harz und einen jahrelangen Rentenbetrug wird am Landgericht Magdeburg weitergeführt.

Von Bernd Kaufholz 20.08.2019, 11:26

Magdeburg l Im Prozess vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Magdeburg, bei dem es um die Tötung eines Rentners in Ballenstedt (Harz) geht, wurde am zweiten Prozesstag Rechtsmedizinerin Dr. Katja Jachau gehört.

Angelika H. hatte bereits zum Prozessauftakt eingeräumt, einen 81-Jährigen, den sie gepflegt hat, mit einem Messer in den Rücken gestochen und ihn dann mit einer Axt von hinten erschlagen zu haben. Danach hatte die 62-Jährige Walter E. im Keller einbetoniert. Von 2004 bis 2016 soll sie die Rente ihres Opfers kassiert haben – knapp 105.000 Euro.

Nun ging es in erster Linie um die Frage,  ob die Tat bereits 1995 geschah, wie von der Angeklagten beteuert, oder erst 2001. Im ersten Falle läge der angeklagte Totschlag 23 Jahre zurück und wäre verjährt.

Das rechtsmedizinische Gutachten zum 2016 gefundenen Skelett ist dazu nicht eindeutig. Jachau sprach von 20 Jahren, die die Tat zurückliege. „Es kann auch weniger sein - aber nicht weniger als 15 Jahre.“ Allerdings sei auch ein späterer Zeitpunkt nicht auszuschließen.

Todesursache seien mindestens zwei Schläge, durchaus mit einem Beil, gegen den Kopf des Opfers. Festgestellt wurde unter anderem eine sieben mal acht Zentimeter große  Wunde am Schläfenbein mit Zersplitterung des Schädels.

Die Durchtrennung des Pullunders und des Hemdes im Rückenbereich passe zur Aussage der Angeklagten, sie habe vor einem Beilschlag in den Rücken des Rentners gestochen.

Mehr Licht in den Streit um das Tatjahr brachten gestern Angehörige des Opfers. So sagte die 74 Jahre alte Tochter des Getöteten aus, dass ihr Vater und Angelika H. 2001 vor der Tür gestanden haben. Der Vater habe gesagt, dass sie enterbt sei und seine Pflegerin und Lebensgefährtin Angelika H. Geld und Auto bekommen werde. „Ich habe gesagt: Behalte deine Karre. Und habe ihm die Tür vor der Nase zugeknallt.“

An das Jahr könne sie sich deshalb erinnern, weil ihre inzwischen verstorbene Schwester Elisabeth in jenem Jahr ihre Krebsdiagnose bekommen habe. Am Ende ihrer Befragung brachen sich bei der Frau im Rollstuhl die Emotionen Bahn: „Sie haben ihn umgebracht. Er war zwar kein guter Mensch, aber so hätte er nicht sterben müssen“, schrie sie die Angeklagte an.

Bei einem Teil der Aussage der Tochter war die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden, weil es um mögliche sexuelle Übergriffe von Walter E. innerhalb der Familie ging.

Auch eine weitere Tochter (65) bestätigte, dass ihr Vater 2001 noch gelebt habe. „Meine Tochter ist 1994 geboren. Kurz vor ihrem siebenten Geburtstag kam meine Schwester Elisabeth aufgeregt zu mir und sagte: Der Alte war da. Er wollte mir seine Neue vorstellen. Die saß im Auto.“

Eine Enkelin des Opfers sagte aus: „Eine Verwandte wurde im Mai 2001 40 Jahre alt. Da haben mir meine Mutti Elisabeth und mein Vati (ebenfalls verstorben) erzählt, dass mein Großvater zu ihnen nach Staßfurt gekommen ist, um seine Neue vorzustellen.“ Die Enkelin bezeichnete Walter E. als „bösen Menschen“ und „Tyrannen“. Auch ein 60 Jahre alter Enkel bestätigte die Aussage seiner Schwester.