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Geschichte Die Magdeburger Orgelbauer-Familie Herbst

Von den Orgeln der Magdeburger Orgelbauerfamilie Herbst aus dem frühen bis späten Barock sind nur noch wenige Instrumente vorhanden.

Von Bernd Kaufholz 13.11.2019, 00:01

Hermsdorf l Auf der Südseite der Schlosskirche in Erxleben wurde 1709 bis 1710 von Heinrich Herbst (d. J. 1670–1720) und seinem Sohn Heinrich Gottlieb Herbst (1689–1738) eine Brüstungsorgel mit seitlicher Tastatur eingebaut. Ihr hölzerner Prospekt (sichtbare Vorderseite) mit Prinzipal 8 Fuß, der 2,40 Meter hohen Hauptstimme, sind noch original erhalten.

Von den Orgeln der bedeutenden Magdeburger Orgelbauerfamilie Herbst aus dem frühen bis späten Barock sind nur noch wenige Instrumente vorhanden. Darunter die sanierte Orgel in Basedow in Mecklenburg-Vorpommern (1680-1683) und die fast vollständig original erhaltene Orgel in Lahm/Itzgrund, Oberfranken (1732).

Die Exleber Schlossorgel ist ein bedeutendes Zeugnis barocken Orgelbaus. Sieben Pfeifengruppen sind mit musizierenden Putten bekrönt. In der Mitte oben halten zwei Engel das Wappen derer von Alvensleben. Die Rahmenleisten zwischen den Pfeifengruppen sind mit Ornamenten aus holzgeschnitzten Frucht- und Blattschnüren reich verziert.

Erhalten blieb die undatierte Abschrift eines Vertrages zwischen dem Schlossherren und dem Orgelbauer: „Zu wißen: daß die Hochwohlgebornen Herrn, Herr Gerhard Johann August, Gevettern von Alvensleben, respectiv auf Erxleben, Calbe, und Woltersle. Erbherren, mit Hn. Heinrich Herbsten, orgelmachern in Magdeburg folgenden Contract beschloßen; Es verspricht derselbe ein neues orgelwerck für die Schloßkirche alhiro untadelhafft und ohne mangel mit nachfolgenden Stimmen zu verfertigen.“

Die erhaltene „Dispositionsaufzeichnung“, zum Beispiel über die Anordnung der Pfeifen, war bei der Restaurierung der Orgel von großer Bedeutung. Herbst erhielt neben freier Kost und Logis 110 Taler (330 Mark).

Nach mehreren Reparaturen durch verschiedene Orgelbauer wurde die Herbst-Orgel 1941/1942 durch die Lübecker Firma Emanuel Kemper umfangreich repariert und umgebaut. So erhielt sie ein elektrisches Gebläse.

Zwischen 1945 und 1947 wurden Kirche und Orgel von sowjetischen Besatzungstruppen verwüstet, nachdem Familie von Alvensleben nach dem Gebietsaustausch von Großbritannien und der UdSSR in letzter Minute nach dem Tipp eines befreundeten britischen Offiziers aus der nun sowjetischen Besatzungszone geflohen waren. Das Pfeifenwerk der Orgel wurde ausgeplündert. Einige Pfeifen standen und lagen in der Kirche herum. Mit anderen heruntergerissenen Orgelpfeifen spielten Kinder auf der Straße. Wenige Pfeifen wurden gerettet.

Die Barock-Orgel war für lange Zeit verstummt. Die evangelische Kirchengemeinde übernahm die Schlosskirche 1951.

Vorerst stand die Absicherung des Kirchengebäudes im Vordergrund. Zerstörte Balken drückten auf das Tonnengewölbe der Orgel-Empore und auf die äußere Orgel (Prospekt). An eine Restaurierung des Instruments war vorerst nicht zu denken.

Erst, als der Musikwissenschaftler und Orgelbauer Michael Behrens auf die Bedeutung der Herbst-Orgel hinwies und auf die Notwendigkeit der Sicherung und Sanierung, wurde die Fachwelt hellhörig.

Auf Initiative von Joachim von Alvensleben wurde am 27. Mai 1998 der „Förderkreis Schlosskirche Erxleben e. V.“ gegründet. Im Juni 1998 begann die Sanierung. Zehn Jahre später geriet der Plan einer Orgelsanierung mehr und mehr ins Blickfeld des Vereins.

Die Stiftung Orgelklang der evangelischen Kirche hat seit 2010 die Sanierung von 26 Orgeln in Sachsen-Anhalt mit 116 500 Euro gefördert. So 2018 die Ladegast-Orgel (1895) in Großjena (Burgenlandkreis), 2019 die Scholtze-Orgel (1754) in der St.-Martin- und St.-Laurentius-Kirche Havelberg, die Troch-Orgel (1888) Mehmke (beide Altmarkkreis Salzwedel). Besonders in Dorfkirchen seien die Instrumente in einem schlimmen Zustand. Auch, weil sie nicht gespielt werden und sich totstehen“, sagt Stiftungsreferent Reinhard Greulich.