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Güssau-Affäre Ex-Landeswahlleiter gegen Landeswahlleiter

Warum ist Stendals Stadtwahlleiter, Axel Kleefeldt (CDU), nicht der Empfehlung des Landeswahlleiters gefolgt? Eine Spurensuche.

07.08.2016, 23:01

Magdeburg l Die Sätze sind brisant: Als „unzutreffend“ und „böswillig wahrheitswidrig“ bezeichnet Finanz-Staatssekretär Klaus Klang (CDU) ein Zitat aus einem Artikel der Volksstimme vom vorigen Donnerstag.

Es geht darum, warum Stendals Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt (CDU) Anfang Juli kurzfristig seine Auffassung änderte und entgegen der Empfehlung aus dem Büro des Landeswahlleiters die Briefwahl für gültig erklären wollte.

Innenministeriums-Sprecher Christian Fischer hatte auf Volksstimme-Anfrage jene zwei Sätze mitgeteilt, auf die Klang jetzt so empört reagierte: „Auf konkrete Nachfrage des Fachreferats hatte der Stadtwahlleiter erklärt, dass er auf Anraten von MdL Güssau mit Herrn Landeswahlleiter a. D., Herrn Dr. Klang, Kontakt aufgenommen habe. Dieser habe ihm geraten, die Mandatsrelevanz des Fehlers zu verneinen und daher die Gültigkeit der Wahl festzustellen.“

Fischer hat in diese Aussage nichts hineininterpretiert. Es ist vielmehr ein Zitat aus der Akte des Landeswahlleiters.

„Die Beamtin hat am Telefon gegenüber Herrn Kleefeldt hinterfragt, warum er so gehandelt hat, und darüber einen Gesprächsvermerk angelegt“, erklärte am Wochenende Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) auf Nachfrage. Klangs Vorwürfe sehe er gelassen. Vielmehr stellt sich der Minister demonstrativ vor seine Mitarbeiter: „Die Hausleitung hat keinen Grund, an der Aktenführung beim Landeswahlleiter zu zweifeln.“

Klangs Zitate hatte Landtagspräsident Hardy Peter Güssau am Freitagabend während seines Pressegespräches vorgetragen. Der Staatssekretär, der vor 2011 Landeswahlleiter war, hatte am Donnerstagmorgen in einem Schreiben an CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt auf die Äußerungen des Ministeriumssprechers reagiert.

Der Landtagspräsident räumte im Pressegespräch ein, dass er Anfang Juli 2014 Kleefeldt den Kontakt zu Klang geebnet habe. Güssau bezeichnete ihn dabei als „Gottvater des Kommunalrechts“. Er ließ auch Äußerungen von Kleefeldt verteilen. Der Stendaler Stadtwahlleiter erklärt darin, dass er mit Klang Anfang Juli „telefonisch einen fachlichen juristischen und ergebnisoffenen Gedankenaustausch“ gehabt habe.

Warum er danach seine ursprüngliche und auch vom damaligen Landeswahlleiter Ulf Gundlach (CDU) getragene Rechtsauffassung änderte und plötzlich die Briefwahl doch nicht wiederholen lassen wollte, begründet Kleefeldt darin inhaltlich nicht näher.

Güssau bestreitet, Einfluss auf die Entscheidung des Stadtwahlleiters genommen zu haben. Zu seiner Entlastung gedacht, verbreitete er am Freitag ein Schreiben Gundlachs. In diesem hatte der Landeswahlleiter jedoch unmissverständlich deutlich gemacht, dass in Stendal „unstreitig“ gegen die Kommunalwahlordnung verstoßen worden ist.

Gundlach übermittelte diese Auffassung genau an dem Tag, an dem Kleefeldt und Klang telefonierten.

Am Rande erwähnte der Landtagspräsident auch noch durchaus Pikantes. Kleefeldt sei zum damaligen Zeitpunkt aussichtsreicher Anwärter als Oberbürgermeister-Kandidat der CDU gewesen: „Jetzt kann man das ja sagen, der Mann ist politisch ohnehin erledigt.“

Bei den Landtagsfraktionen wirft der Konflikt unter den Wahlleitern mehrere Fragen auf. Sie werden in der Augustsitzung des Innenausschusses auf den Tisch kommen. Linke und SPD kündigten am Wochenende zudem an, dass Klangs Rolle auch Thema des sich abzeichnenden Parlamentarischen Untersuchungsausschusses sein wird.