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Integration Flüchtlinge engagieren sich in Ehrenamt

Übersetzen für andere Migranten oder Bingo spielen mit Senioren: In Sachsen-Anhalt engagieren sich viele Zuwanderer ehrenamtlich.

22.04.2017, 08:22

Halle/Magdeburg (dpa) l Viele Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt helfen ehrenamtlich. Seit September hat die Freiwilligenagentur Magdeburg beinahe 100 Menschen mit Fluchterfahrung als Ehrenamtliche in Seniorenheime, Kitas, Jugendfreizeit-Einrichtungen und Sportvereine vermittelt. "Über 400 Interessierte haben sich bei uns nach Informationsveranstaltungen gemeldet", berichtete Janina Schurich-Wishet, Mitarbeiterin des Projekts "Neuland". Sie wollten so am normalen deutschen Alltag teilhaben.

Gerade die Seniorenheime seien begeistert, da häufig Ehrenamtliche zum Spazieren gehen oder Bingo spielen gefehlt hätten. "Das ist ein super-erfolgreiches Projekt", sagte Schurich-Wishet. Die meisten ehrenamtlich engagierten Flüchtlinge wollten Deutsche kennenlernen, Struktur im Alltag haben und Deutsch üben. Viele hätten auch die Motivation, Hilfe zurückzugeben, die sie erfahren hätten.

"Die engagierten Flüchtlinge bekommen Einblicke in die normale deutsche Gesellschaft und werden ein Teil von ihr", sagte Schurich-Wishet. Im Jobcenter und in Sprachschulen fänden Flüchtlinge eher eine künstliche Situation vor. "Im Ehrenamt lernen sie einfach ganz normale arbeitende Menschen kennen." So könne Integration funktionieren.

Flüchtlinge, die Sprache und Kultur in Deutschland bereits kennen, können sich für andere Migranten einsetzen. Bei "Sprachmittlung in Sachsen-Anhalt" (SiSA) können sie am Telefon dolmetschen oder bei Arztterminen oder Elterngesprächen in der Schule übersetzen. "Die Leute, die gut genug Deutsch können, wollen vermehrt helfen", stellte Projektleiterin Annik Trauzettel fest.

Ein Flüchtling, der übersetze, könne sich umso mehr in die hiesige Kultur eindenken, je besser er die deutsche Sprache beherrsche. Es helfe gleichzeitig ungemein, wenn ein Sprachmittler den kulturellen Hintergrund seines Mandanten kenne. Damit die Übersetzter aber wirklich nur vermitteln und sich bei der Arztsprechstunde nicht einmischen, gebe es spezielle Weiterbildungen, sagte Trauzettel.

Zwischen sieben und zehn Anrufe aus ganz Sachsen-Anhalt gehen jeden Tag bei SiSA ein. Die Telefonvermittler, die alle Arabisch sprechen, suchen einen Dolmetscher für die nachgefragte Sprache aus der Ehrenamtlichen-Datenbank und leiten den Anruf weiter. Knapp 350 Menschen engagieren sich bei SiSA – mehr als die Hälfte davon mit Migrationshintergrund.

Auch Trauzettel sieht das ehrenamtliche Engagement der Flüchtlinge bei SiSA als Mittel zur Integration: Die Menschen seien durch die Sprachmittlung gezwungen, sich mit Deutschland, dem Umgang mit Ärzten oder Behörden auseinanderzusetzen. Durch diese Erfahrungen hätten bereits einige freiwillige Übersetzer Arbeit gefunden. "Das freut uns natürlich total", sagte Trauzettel.