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Weltenbummlerin „Ich lebe meinen Traum“

Die 25-jährige Stendalerin Iris Ullrich erklärte in ihrem ersten Bericht, wie man als Weltenbummlerin finanziell über die Runden kommt.

Von Iris Ullrich 06.10.2015, 23:01

Stendal l Nur auf Reisen zu sein, sieht im Lebenslauf nicht gut aus. Daher kam mir der Gedanke, reisen und arbeiten noch intensiver miteinander zu verbinden. Gedacht, getan: Ich bewarb mich bei AIDA. Ohne große Hindernisse wurde ich mit meinem Fitnessökonomie-Studienabschluss als Trainerin und Ernährungsberaterin eingestellt und war ab Januar 2013 auf der AIDA Bela unterwegs zu den Kanarischen Inseln. Aber aus dem Traum wurde schnell ein Alptraum: Meine Kabine hatte weder Tageslicht noch frische Luft, dank der Klimaanlage wurde ich immer wieder krank und das Verlassen des Kreuzfahrtschiffes war nur selten gestattet. Nach drei Monaten reichte es mir: Ich kündigte und stieg während der Ostseetour in Oslo ab.

Das Fernweh plagte mich aber noch immer und für einen „richtigen Job“ in Deutschland war ich noch nicht bereit. So verbrachte ich den Sommer in meiner Heimat und jobbte auf 450-Euro-Basis in Lebensmittel-Discountern und Hotels. So schnell wie mich der Alltag wieder gefangen hatte, so schnell kehrte ich ihm abenteuerlustig den Rücken: Gegen Ende der Saison buchte ich mir einen One-Way-Flug nach Auckland / Neuseeland.

Ende 2013 ging es also wieder an Bord eines Flugzeuges. Mein aufgebesserter Kontostand lag zu diesem Zeitpunkt bei 15000 Euro. Um nicht irgendwann bei meiner Rückkehr vor dem Nichts zu stehen, legte ich 5000 Euro davon fest an. Den Flug vom Startguthaben abgezogen, startete ich mein Working-Holiday-Abenteuer also mit 9000 Euro. Die ersten vier Wochen bereiste ich mit einem Kumpel die neuseeländische Nordküste im Mietwagen. Nachdem er zurück nach Deutschland flog, begann für mich wieder die Jobsuche. Zwei Stunden lang verteilte ich meinen Lebenslauf in jedem Restaurant und Geschäft eines Örtchens - rund vier Stunden von Auckland entfernt - und kurz bevor ich an diesem Tag das Handtuch werfen wollte, hatte ich auch schon ein sofortiges Bewerbungsgespräch in einem kleinen Café. Doch wieder so einfach!

In dem Café sollte ein neuer Geschäftszweig etabliert werden – frisch gebackene und dekorierte belgische Waffeln. Nach einer Probearbeit bekomme ich die Stelle sofort und arbeite erst am Wochenende und bald darauf Vollzeit. Drei Monate lang bin ich verantwortlich für ein kleines Waffelimperium, bei dem ich sogar die Verantwortung für die Abrechnungen und Bestellungen übernahm.

Leider war die Bezahlung in Neuseeland sehr mager. Ich verdiente exakt den Mindestlohn von 13,25 Neuseeland-Dollar. Davon ging Geld für Essen, Leben und Hotelkosten ab. Ich liebte den Job, doch leider vermehrte sich mein Geld nur schleppend. An freien Tagen organisierte ich mir einen Gartenjob für eine ältere Dame, die mir immerhin 14 Neuseeland-Dollar ohne Steuerabzug bot. Fast vier Monate blieb ich, dann packte mich wieder meine Reiselust.

Auf der Südinsel sparte ich Geld, indem ich trampte und „woofte“, das heißt ich arbeitete für Unterkunft und Verpflegung. So habe ich in einem Hostel zwei Stunden am Tag die Küche geputzt und die Wäsche zusammengelegt, um dort freie Unterkunft zu haben. Bei einer Familie war ich Babysitter und gekocht. Als Gegenleistung durfte ich den Wohnwagen im Garten bewohnen und mitessen. Als nächste Station wohnte ich bei einem Hippie im Zelt, lernte wie man Bier selber braute und half ihm beim Hausbau. Auf diese Weise sparte ich eine Menge Geld und ließ mir die jeweilige Gegend von den Einheimischen zeigen. Aber es nutzte nichts, ich musste mein Geld vermehren!

Ende März (Spätsommer auf der anderen Erdhalbkugel) begann die Traubenernte. Ein Job fand sich schnell. Allerdings wurde hier nicht nach Stunden, sondern nach Leistung - also pro geerntetes Kilo Trauben - gezahlt. Es stellte sich heraus, dass das eher ein Glücksgriff, als ein schlechtes Geschäft war: Wir waren fünf Europäer und sieben junge Männer aus Vanuatu - einem Inselstaat im Südpazifik. Man glaubt es kaum, aber die Jungs waren so unfassbar schnell bei der Ernte, dass sie uns allen einen Stundenlohn von 25 Neuseeland-Dollar beschert haben.

Die Jungen von den Inseln hatten allerdings schon einen anderen Lebensstil, so aßen sie beispielsweise Katzen und fingen Kaninchen mit der Hand. Aber sie waren auch sehr weltoffen und hilfsbereit. Es waren drei harte Wochen, in denen die Trauben vor dem nächsten Regen reingebracht werden mussten, was für uns hieß, dass wir von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang ernteten.

Einen weiteren Knochenjob auf einem Weingut gab ich gerade mal nach drei Wochen auf. Nicht nur die Arbeit, sondern auch Neuseeland, begann mich langsam zu nerven. Ich hatte bis dahin beide Inseln gesehen und ernüchtert feststellen müssen, dass hier nicht das große Geld zu machen war. Also bestieg ich wieder den Flieger, dieses Mal nach Melbourne, um nach Australien zu flüchten. Dort blieb ich sechs Wochen, bevor ich wieder nach Hause flog. Ab September 2014 war ich ohne Plan, mit zu wenig Geld und zu vielen Träumen wieder zurück in Stendal. Das Fernweh tobte weiter in mir, doch ich musste erst einmal geduldig sparen.