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Studienanfang Von der Schulbank in den Hörsaal

Zwölf Schuljahre sind rum - und weiter geht‘s. Viele Abiturienten sind ins erste Semester gestartet. Doch wie ist das eigentlich so?

Von Lea Weisbach 22.11.2016, 23:01

Gardelegen l Da glaubt man, dass man schon einen großen Schritt mit dem Abitur vollbracht hat, da kommt auch schon das nächste große Projekt – Studium. Zwölf Jahre Schule liegen hinter mir, vom Lesen und Schreiben lernen, bis hin zur Interpretation von Gedichten, dem einen oder anderen Herbarium, naturwissenschaftlichen Experimenten, Exkursionen, fremdsprachigen Vorträgen, der Hauptrolle als Alice im Musikprojekt, meinem Lieblingsfach Psychologie und den vielen „tollen“ Mathematikstunden, wo ich zumindest in der Oberstufe immer nur die Hälfte verstanden habe.

Um das zu überleben, braucht man natürlich auch seine Familie. Und gerade in der Schulzeit entwickelt sich die im klassischen Bild weiter. Man lernt neue Leute kennen, die sich auch oftmals als wahre Freunde herausstellen.

So eine Person ist zum Beispiel Tabea Kreutz. Mit ihr kam ich in der fünften Klasse sofort zurecht und wir wussten gleich: Ja, das mit uns beiden funktioniert. Sie wurde zu einer meiner besten Freundinnen, sodass wir uns nach dem Abi sogar dazu entschlossen haben, unser Studium gemeinsam zu bestreiten.

Doch bevor man überhaupt ans Studieren denken kann, gab es noch ein paar Dinge, die vorher erledigt werden mussten. Nämlich die Prüfungen.

Zuvor hatten wir es allerdings noch mal gut. Wir starteten mit einer Mottowoche vor den Prüfungen. Unser Motto: das beliebte Thema Kindheitshelden. Glamourös waren da die Gestalten aus Film und Fernsehen – ich als Show-Girl aus den alten Western-Filmen – oder der Tag der Götter, Pioniere oder Helden aus den 20er, 60er oder auch 80er Jahren. Aber bevor ich es vergesse: Falls jemand auf die Idee kommt, sich als Rotkäppchen zu verkleiden, lasst es sein, mit einem Korb als Ranzen zur Schule zu gehen!

Richtig cool war natürlich auch unser letzter Schultag unter dem Motto ,,Hakuna MatABI – Haste‘ Abi Biste‘ King!“

Nach dieser bunten, fröhlichen Woche kam der Ernst des Lebens. Die Prüfungen. Vor allem in Geschichte und Mathe war ich aufgeregt. Und die mündliche – ich hatte mich für Psychologie entschieden – war auch noch an meinem 18. Geburtstag. Am Ende habe ich mir aber mit 15 Punkten eines der schönsten Geburtstagsgeschenke selbst gemacht.

Viel zu schnell ging dann der Tag mit Zeugnisausgabe und Abschlussball vorbei. Schade, es hätte Tausende dieser Nächte geben können...

Ziemlich zeitig hatte ich mich aber schon mit Tabea zusammengesetzt, um unser weiteres Vorgehen zu besprechen. Wir waren uns nämlich von Anfang an sicher, dass wir beide zum einen Lehrer werden wollen, und dass wir am liebsten nach Rostock gehen würden. Tabea wollte auch auf jeden Fall aus Sachsen-Anhalt raus und einfach mal etwas Neues sehen. Außerdem ist Rostock nicht zu nah, aber auch nicht zu weit von Zuhause weg, sondern gutes Mittelmaß. Und die Uni hat keinen schlechten Ruf.

Mich hat die Nähe zum Wasser gereizt und, dass Rostock eine nicht zu überfüllte Stadt ist. Aber da gab es doch noch etwas anderes: Meine Mutti hat selbst in Rostock studiert und schwärmt noch immer, und auch mein Papa hat im nahe gelegenen Güstrow seine Ausbildung absolviert und schon oft in Rostock gearbeitet. Er kennt er sich super aus und hat mir schon einige Tipps gegeben...

Rostock sollte es also sein. Die Bewerbungen wurden abgeschickt – allerdings auch an andere Unis. Dann war Warten angesagt. Da ich sowieso leicht nervös und aufgeregt bin, war diese Zeit natürlich der Horror. Die erste Zusage kam von Flensburg (der Horror für meine Mutti, weil das wirklich sehr weit weg ist). Doch dann kam glücklicherweise Rostock. Die Erleichterung war groß, für mich und meine Eltern und für Tabea. Denn weil auch sie eine Zusage hatte, stand fest, dass wir zusammen in eine Wohnung ziehen können.

Und das war dann schon die nächste Aufgabe: Wohnungssuche. Drei kamen in die enge Wahl. Am Ende war es eine im fünften Stock ohne Fahrstuhl, aber nur eine halbe Autostunde von Warnemünde entfernt. Also schleppten wir bei 28 Grad im Schatten schwere Ikea-Pakete nach oben – bei deren Kauf wir zum Glück Hilfe von unseren Eltern hatten – und waren glücklich als wir abends auf dünnen Luftmatratzen lagen.

Die Wochen vergingen schnell und plötzlich standen auch schon Einführungsveranstaltungen und Campus-Tag an der Uni auf dem Plan. So startete also unser neues Leben.

Zu Beginn ist es natürlich gar nicht so einfach, alles an der Uni zu finden. Mittlerweile haben wir das aber im Griff. Neben den Seminaren in Mathe und Deutsch, welche Pflicht sind, belegen wir Religion. Bei Tabea kommt noch Französisch und bei mir Kunst hinzu. Nachdem wir unsere Stundenpläne zusammengestellt hatten, hofften wir erstmal, dass sich nichts überschneidet und man in alle gewollten Seminare rein kommt.

Letzteres war bei mir eher weniger der Fall. Bei Mathe und Deutsch stand ich komischerweise auf der Warteliste und in ein Seminar für Bildungswissenschaften zu kommen, war utopisch. Tabea hatte mit ihrem Stundenplan keine Probleme. Zum Glück habe ich zumindest jetzt Plätze für Mathe und Deutsch. Yeahi.

Die Vorlesungen selbst waren wider Erwarten ganz okay und verständlich. Anderes wiederum nicht. An diese ganze Straßenbahn-Bus-S-Bahn-Geschichte muss man sich, wenn man aus einem kleinen Dorf kommt, wie ich, wo nur der Schulbus fährt, auch erst gewöhnen. Bis jetzt saß ich aber noch nie in der falschen Bahn – schon mal eine Verbesserung meiner minimalen Orientierungskünste!

Man wird also auf jeden Fall viel selbstständiger und freut sich dann auch auf das Wochenende, wo man dann mal wieder nach Haue fahren kann, um die Familie, den Freund oder auch die Freunde zu sehen. Denn die bleiben natürlich extrem wichtig!!! Meine Eltern und mein Freund waren zum Beispiel auch bei der feierlichen Immatrikulation in der Marienkirche dabei, und bauten anschließend endlich unsere Küche auf. Darüber war ich sehr froh. Ohne sie wäre all das nicht möglich gewesen.

Bis zum heutigen Tag habe ich schon viele coole Leute kennengelernt und mit ihnen schöne Dinge unternommen. Es ist gar nicht so schlimm, einen Neustart zu beginnen, sich ein neues soziales Netzwerk aufzubauen. Wir haben zum Beispiel schon eine super nette Stendalerin kennengelernt (Fahrgemeinschaften Ahoi!).

Rostock wird sicher nie mein Zuhause – obwohl ich jetzt offiziell Rostockerin und somit 150 Euro reicher bin. Rostock wird nie Familie oder Freunde zu Hause ersetzten. Aber ich will viel kennen- und natürlich die Kompetenzen lernen, die ich für meinen späteren Beruf benötige.

Ich bin froh, dass mich so viele dabei unterstützen und auch, dass ich mit Tabea jemanden hier habe, die ich schon die Hälfte meines Lebens kenne.