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Elektronischer Sport Computerspiele als Trendsport

Der E-Sport erfährt bundesweit immer mehr Bedeutung. Auch der Magdeburger E-Sport-Verein setzt sich für die Anerkennung als Sport ein.

Von Alexander Rekow 30.03.2017, 15:17

Magdeburg l Sie spielen „Starcraft“, „Counter-Strike“ oder auch „League of Legends“ im Internet auf ihrem Computer. Die Rede ist von den Mitgliedern des Vereins: „Magdeburg eSports“. Der elektronische Sport (kurz E-Sport) ist für die 188 Mitglieder nichts besonderes – für viele andere hingegen schon. Die Volksstimme wollte wissen, was es mit dem Sport auf sich hat und sprach mit dem Vorsitzenden des Magdeburger E-Sport-Vereins.

Martin Müller (33), Bauingenieur aus Magdeburg und Vorsitzender des Vereins „Magdeburg eSports“, hat das Potential von E-Sport längst erkannt und im Jahr 2016 mit einigen Mitstreitern den Magdeburger E-Sport-Verein gegründet. Müller sieht die Gründe für einen Verein ganz pragmatisch. Ihm habe ein Anlaufpunkt für E-Sport-Begeisterte in Magdeburg gefehlt und man wolle gemeinsam bei Turnieren für die Landeshauptstadt antreten. „Das gemeinsame E-Sporterlebnis soll im Mittelpunkt des Vereinshandelns stehen“, so Müller.

„Der E-Sport in Deutschland ist durch eine unglaubliche Dynamik gekennzeichnet“, weiß der Vorsitzende des Magdeburger Vereins. Auch haben sich der Magdeburger und seine Spiel-Kollegen Ziele gesetzt, um den „Sport“ voranzutreiben. Langfristig will man sich an klassischen Sportvereinen orientieren und in einer Sportstätte gemeinsam trainieren und Nachwuchsförderung betreiben. „Die Suche nach einer Location macht langsam Fortschritte, ist aber noch nicht ganz unterschriftsreif“, erklärt Müller.

In den künftigen Räumen werden dann auch Themen wie Ausgleichssport, Ergonomie sowie der verantwortungsvolle Umgang mit Videospielen thematisiert. Verantwortungsvoll auch insofern, da der Begriff „Killerspiele“ in vielen Köpfen verankert ist. Daher achtet Müller auch besonders auf die Altersfreigaben der jeweiligen Spiele und vermittelt Verantwortungsbewusstsein. Schließlich sind einige seiner Mitglieder noch minderjährig.

Die Strukturen des E-Sports sind schwer zu durchschauen, gibt Martin Müller zu. Gerade die Anerkennung als Sport gestaltet sich in Deutschland derzeit als äußerst schwierig. Während sich der E-Sport bereits seit etwa 15 Jahren in Südkorea zu einem milliardenschweren Geschäft entwickelte, Stadien mit etwa 50.000 Zuschauern füllt und über 200.000 Arbeitsplätze in der Branche schaffte, steckt der Sport in Deutschland bis heute in einer Art Aufweckphase, weiß der Vorsitzende.

Für Martin Müller und seine Vereinsmitglieder sind die Videospiele generell in der Mitte der Gesellschaft angekommen, auch wenn es nicht unbedingt als Sport wahrgenommen wird. „Mit steigendem Alter nimmt diese Akzeptanz ab“, weiß der Vorsitzende.

Bisweilen dürfte es in Deutschland wohl unter anderem an der Anerkennung zum Sport durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in Frankfurt scheitern. Während der „Deutsche eSport Bund“ (ESB) als Argumente für eine Anerkennung als Sport die Hand-Auge-Koordination, blitzschnelle Reflexe oder Taktik anführt, verlangt der DOSB eigene Sportart bestimmte motorische Aktivität und die Einhaltung ethischer Werte wie Fairplay und Chancengleichheit, wie es auf dessen Homepage zu entnehmen ist. Zudem macht der DOSB in seiner Aufnahmeordnung deutlich, dass es den Vereinen an gemeinnützigen Strukturen wie der Nachwuchsarbeit fehlt.

Der Pressesprecher des Landessportbundes Sachsen-Anhalt, Frank Löper, gab auf Anfrage der Volksstimme an, dass ihm derzeit keine Anträge auf Aufnahme von E-Sport-Vereinen im Bundesland vorliege. „Ein Verein muss vorher beim jeweiligen Kreissportbund um Aufnahme bitten“, erklärt Löper und fügt an, dass dabei die Satzung und die Gemeinnützigkeit wichtig seien.

Auch ein Gutachten aus Anfang 2016 des Berliner Abgeordnetenhauses bescheinigte den E-Sport nicht als Sport im rechtlichen Sinne anzusehen und nicht als Sportart anzuerkennen.

Für die Mitglieder von E-Sport-Vereinen, wie dem in Magdeburg, kaum nachvollziehbar. „Durch die fehlende Akzeptanz auf politischer Ebene, verliert Deutschland im Moment etwas den Anschluss“, prognostiziert Müller. Der Vorsitzende und seine Mitglieder sind sich jedoch ihrer sportlichen Leistung bewusst, für welche sie fast täglich trainieren.

Auch der Wissenschaftler Prof. Dr. Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln bescheinigt den E-Sportlern große Belastungen. „Besonders die motorischen Ansprüche und Fähigkeiten haben uns beeindruckt“, sagte Froböse. „Die E-Sportler schaffen bis zu 400 Bewegungen pro Minute an Tastatur und Maus, vier Mal mehr als der ‚Normalbürger‘! Das Ganze auch noch asymmetrisch, denn beide Hände werden parallel bewegt, es werden unterschiedliche Hirnregionen parallel genutzt“, erläuterte der Professor in einem Radio-Interview dem Radio Deutsche Welle.

Dass nicht nur der Magdeburger E-Sport Verein in Deutschland den Puls der Zeit erkannt hat, zeigt ein Blick in die erste Fußball-Bundesliga. Mit dem VfL Wolfsburg oder dem FC Schalke 04 sponsern bereits zwei etablierte Bundesligisten unter ihrem Marken-Logo Profispieler.

Der 1. FC Magdeburg beäugt indes die Bewegung. Wie Pressesprecher Norman Seidler der Volksstimme erklärt, hat sich der 1. FC Magdeburg bislang nur teilweise mit dem Thema E-Sport auseinander gesetzt und beobachtet die Entwicklung. Der E-Sport ist eine „neue Plattform, deren Aufbau wir mit Interesse verfolgen“, sagt Seidler und fügt an, dass sie bisher die weitere Entwicklung beobachten.

Was Seidler aber weiß: „Für den 1. FC Magdeburg sind allerdings nur Sportspiele interessant“. Deshalb wird eine spätere Kooperation nicht grundsätzlich ausgeschlossen, so der Pressesprecher des Drittligisten.

Wer den E-Sportlern bei ihren Spielen zuschauen möchte, kann das derzeit fast nur über Streaming-Dienste im Internet. Einer der Dienste im Internet ist „Bonjwa“, ein E-Sport-Netzwerk mit Sitz in Hamburg. Wie Bonjwas-Pressesprecher Nikolai Willgeroth der Volksstimme erklärt, sei eines der Ziele des Anbieters, „Brücken zu schlagen“. „Der Sport ist in vielen Bereichen noch immer eine Nischen-Erscheinung“ so Willgeroth.

Daher versuchen er und seine knapp 30 Mitstreiter in den verschiedenen Sektionen, die breite Masse an den E-Sport heran zuführen. „Und deswegen versuchen wir in jedem Inhalt immer einen Mehrwert für den Zuschauer zu bieten“, erläutert der Pressesprecher.

Aber auch Willgeroth weiß: „Der E-Sport steht in den Startlöchern“. „Preisgelder in Millionenhöhe, riesige Zuschauermengen, ausverkaufte Stadien, das hätte niemand für möglich gehalten“, schwärmt er. Die Zukunft sieht der Bonjwa-Pressesprecher rosig. Auch dass der Sport erwähnte Anerkennung finden wird, hält Willgeroth für möglich.

Um zu erkennen, dass es beim E-Sport mehr als nur um das Spielen geht, beweisen Künstler, die an der Produktionskette beteiligt sind. Einer dieser Künstler ist der 22-Jährige Christoph Paul Börner aus Magdeburg. Der gebürtige Salzwedeler, Musiker und Student für Medienbildung an der Otto-von-Guericke-Universität, macht seit 2016 Musik für Bonjwa.

„Sie brauchten noch Soundtracks für ihren Cup“, nannte Börner den Grund für sein Engagement. Durch seine Musik werden Videos und Trailer des E-Sport-Netzwerks mit der passenden Musik untermalt. Seit September ist auch er Mitglied beim Magdeburger eSport-Verein. „Ähnlich wie bei Bonjwa möchte ich auch sie unterstützen“, erzählt Börner, was den Vorsitzenden Martin Müller besonders freut.

Informationen zum Verein gibt es auf der Homepage oder auf Facebook.