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Schüleraustausch Aus Osterwieck an den Polarkreis

Ein Jahr lang im Land der tausend Seen leben und lernen - diesen Traum hat sich Katharina Bieling aus Osterwieck erfüllt.

Von Holger Manigk 25.11.2015, 00:01

Osterwieck/Pori l „Moi, minun nimini on Katharina.“ So stellt sich Katharina Bieling vor. Die Osterwiecker Gymnasiastin ist aus ihrem Austauschjahr im finnischen Pori zurück. „Bis ich mich auf Finnisch verständigen konnte, hat es eine Weile gedauert“, sagt Katharina. Anfangs habe sie sich durch einen Mix aus Englisch und Französisch sowie mit Händen und Füßen mit ihrer Austauschfamilie verständigt. „Doch dank der Schule und meiner Gastschwester Sarianna habe ich die komplizierte Sprache gelernt.“

Katharina habe Sarkku, wie sie ihre Gastschwester nennt, nach dem Unterricht häufig in die Cafés von Pori begleitet, wo sich die finnischen Jugendlichen traditionell zum Plaudern und Schwatzen treffen. „Jeder hat einen Spitznamen – meine Freunde haben mich schließlich ‚Katzy‘ getauft“, sagt Katharina mit einem Schmunzeln. Am Ende habe sich die Osterwieckerin sogar den Dialekt der Region um die 80000-Einwohnerstadt Pori angewöhnt.

Die Leute aus dem Hafenort an der Ostsee seien in Finnland bekannt dafür, „etwas abgedreht“ zu sein. „Die malerischen Parks und der nahe Strandort Yteri haben es mir sofort angetan“, blickt Katharina zurück. So habe sie selbst den strengen Winter, in dem sie kaum Sonnenlicht zu Gesicht bekam, genossen. „Sobald der erste Schnee lag, war es wunderschön.“

Dafür hatte ihre Gastfamilie sogar ihr Fahrrad mit Winterreifen ausgerüstet. „Doch auf den spiegelglatten Straßen war für mich trotzdem jede Fahrt ein Abenteuer“, sagt die Gymnasiastin. Deshalb habe sie Schuhe mit Spikes getragen

Nur der November, den die 17-Jährige als „kalt, nass und eklig“ beschreibt, habe ihr nicht gefallen. „Anderen Austauschschülern hat dieser graue Monat aber mehr aufs Gemüt geschlagen.“

Die schönen Seiten des Winters im Land der tausend Seen hat Katharina während einer Bustour mit ihrer Familie an den Polarkreis erlebt. „Es war zwar bitterkalt, doch die wunderschöne Landschaft in Lappland oder ein Spaziergang auf der zugefrorenen Ostsee sind es wert, Temperaturen von minus 30 Grad zu ertragen.“ Im hohen Norden habe sie reichlich Gelegenheit für ihr liebstes Hobby gefunden – Fotografieren. „Für die Schnappschüsse hat sich das Bibbern und Zittern gelohnt.“

Im Sommer dagegen haben sich Katharina und ihre Freundinnen bei einem Strandausflug sogar einen Sonnenbrand eingefangen – „obwohl wir uns eingecremt hatten“. Doch an solche Tage mit Temperaturen bis 35 Grad hätten sich die Finnen kaum erinnern können. Zum Alltag in Finnland gehören mindestens drei Saunagänge pro Woche, berichtet Katharina. „Dieses Klischee trifft absolut zu – egal wie klein ein Wohnhaus ist, die eigene Sauna ist ein Muss.“ Den Brauch der heißen Aufgüsse vermisse Katharina Bieling sehr.

Ebenso ist sie begeistert vom finnischen Schulsystem. An der Lukio – dem Pendant zu den deutschen Klassenstufen elf und zwölf – können sich die Schüler selbst Kurse aus den verschiedenen Fächern auswählen, die sie belegen möchten. „So konnte ich entsprechend meiner Interessen lernen, es herrscht viel weniger Leistungsdruck“, sagt die Schülerin. In der elften Klasse, die sie in Finnland verbracht hat, habe sie der Geschichtsunterricht begeistert. „Ich konnte völlig neue Perspektiven kennenlernen.“

Während des Austauschjahres habe sie niemals das Heimweh geplagt. „Im Gegenteil, ich sehne mich jetzt nach Finnland zurück“, sagt Katharina. Das liege an ihrer freundlichen Gastfamilie und den neuen Freunden aus aller Welt, die sie während ihres Auslandsjahres kennengelernt hat – etwa aus Mexiko oder Alaska. Nach Finnland will die Osterwieckerin bald wieder fahren, auch wenn „es kaum wieder so traumhaft wie in meinen Erinnerungen werden kann“.

Einen Vorteil sieht die Schülerin vom Fallstein-Gymnasium aber doch zurück in Deutschland: „Hier kann ich mich darauf verlassen, dass der Schulbus pünktlich fährt.“ In Finnland dagegen warte man morgens häufig eine halbe Stunde bei klirrender Kälte.

Ihr Austauschjahr ermöglichte Katharina das Deutsche Youth For Understanding Komitee (YFU). Die gemeinnützige Organisation veranstaltet seit über 50 Jahren langfristige Jugendaustauschprogramme. Zusammen mit Partnern in rund 50 Ländern setzt sich YFU für Toleranz und interkulturelle Verständigung ein.