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Kita-Beiträge Noch ein Griff in die Tasche der Eltern

In einigen Kitas werden Zusatzbeiträge für Essensausgabe und Abwasch verlangt - viele Eltern müssen immer mehr Geld für die Kita aufbringen.

24.06.2016, 23:01

Magdeburg l Unter den Eltern in Sachsen-Anhalt wächst der Frust über die steigenden Kita-Kosten. Nachdem zuletzt viele Gemeinden die Eltern-Beiträge angehoben haben, wird in mehreren Einrichtungen nun auch noch eine monatliche Servicepauschale in Höhe von bis zu 30 Euro für die Ausgabe des Essens und den Abwasch fällig. Tobias Ulbrich, Vorsitzender der Landeselternvertretung, ist stinksauer. Er sagte der Volksstimme: „Es reicht! Was soll denn noch alles auf die Eltern abgewälzt werden?“

Für einen 10-Stunden-Platz im Kindergarten zahlen Eltern in Sachsen-Anhalt zwischen 110 und 180 Euro im Monat, in der Krippe sind es zwischen 160 und 260 Euro. Dazu kommt ein Essensgeld zwischen 40 und 70 Euro. Vor allem im Landkreis Börde wird in einigen Kitas nun auch noch die Servicepauschale eingeführt.

Seit 2013 sind laut Kinderförderungsgesetz (Kifoeg) nicht mehr die Städte und Gemeinden, sondern die Landkreise für die Kitas zuständig. Das Gesetz schreibt vor, dass der Landkreis mit jedem Kita-Träger (Gemeinden, Kirchen, Verbände) eine sogenannte Entgeltvereinbarung abschließen muss. Darin wird geregelt, welche Entgelte die Einrichtungen für die erbrachten Leistungen erhalten.

In vielen Kitas kümmert sich mittags eine Servicekraft um die Essensausgabe, den Abwasch und die Resteentsorgung. Die Kosten dafür haben die meisten Träger bisher freiwillig übernommen. Doch diese Praxis beanstandet der Landkreis Börde jetzt während der Entgeltverhandlungen. Begründung: Kifoeg, Paragraf 13. Im Gesetz heißt es dort: „Die Verpflegungskosten tragen die Eltern.“

Bisher hätten viele Kita-Träger diese Regelung „großzügig im Sinne der Eltern“ ausgelegt und freiwillig die Servicekosten übernommen. Nun habe man aber festgelegt, dass die „Verpflegungskosten keinen Bestandteil der Platzkosten darstellen und somit ausschließlich durch die Eltern aufzubringen sind“, teilte ein Sprecher des Landkreises auf Anfrage der Volksstimme mit.

Da die Träger nun kein Geld mehr für die Servicekraft bekommen, legen sie die Leistung auf die Eltern um. In der Gemeinde Barleben müssen die Eltern ab sofort 30 Euro mehr im Monat bezahlen (1,34 Euro pro Tag), in Haldensleben rund 20 Euro. „Wir haben uns das nicht ausgesucht, für die Eltern tut mir das sehr leid. 20 Euro mehr im Monat sind für viele ein dicker Brocken“, sagte Karen Simon-Malue von der evangelischen Kirchengemeinde St. Marien in Haldensleben. Die Kirche betreibt eine kleine Kita in der Kreisstadt. Würde sie die Servicekosten nicht umlegen, fielen pro Monat rund 1400 Euro zusätzliche Kosten an. „Das Geld haben wir leider nicht“, sagt Karen Simon-Malue.

Ihren Frust machen die Eltern vielfach bei den Essensanbietern geltend, die die Servicepauschale erheben. Doch die fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Die Kommunen haben das so entschieden, nicht wir. Die Kosten für die Essensausgabe und den Abwasch gehören aus unserer Sicht zu den normalen Kosten für einen Kita-Platz dazu. Es ist nicht gerecht, dass das jetzt auf die Eltern umgelegt wird“, sagt Alexandra Krotki von Alexmenü. Die Firma beliefert unter anderem die evangelische Kita in Haldensleben.

Im Haus von Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) ist man nicht glücklich über das Vorgehen des Landkreises Börde. Eine Sprecherin erklärte auf Anfrage der Volksstimme: „Der Gesetzestext konkretisiert nicht, was im Einzelnen unter die Verpflegungskosten fällt.“ Als Orientierung solle gelten, dass Tätigkeiten wie die Essensausgabe und der Abwasch nicht als Verpflegungskosten gezählt würden. Doch eine verbindliche Vorgabe gäbe es vom Land aus aber nicht, so das Sozialministerium.

Servicepauschalen sind also zulässig. Hinnehmbar sind sie für Elternvertreter Tobias Ulbrich aber nicht. Die Landkreise und die Kita-Träger würden es sich damit „zu einfach“ machen, sagt er. Ulbrich empfiehlt den Eltern, dagegen vorzugehen. „Der Träger muss die Kosten dafür übernehmen“, fordert er. „Insgesamt ist das erneut ein Beispiel dafür, dass das Kinderförderungsgesetz eine große Baustelle ist. Leidtragende sind die Eltern, die mal wieder draufzahlen müssen.“