Arme Kommunen dürfen sich weiter verschulden

Magdeburg l Die schwarz-rot-grüne Landesregierung hat den finanziellen Handlungsspielraum der Kommunen in Sachsen-Anhalt erweitert. Auch finanzschwache Städte, Gemeinden und Landkreise können ab sofort leichter günstige Kredite aufnehmen, um in ihre Infrastruktur zu investieren. Einen entsprechenden Erlass gab das Innenministerium heraus.

Bisher galten strenge Auflagen. Kommunen in der Haushaltskonsolidierung durften nur dann in neue Projekte investieren, wenn sie zwingend notwendig waren. Ein neues Feuerwehrfahrzeug ließ sich beispielsweise nur dann angeschaffen, wenn eine Reparatur des alten nicht mehr möglich war.

Nun gibt es einen Paradigmenwechsel: Kreditaufnahmen sind ab sofort möglich, wenn sich die Investitionen über mehrere Jahre rentieren, beispielsweise wenn eine grundsätzliche Sanierung einer Straße günstiger ist als eine weitere, abschnittsweise Ausbesserung. Auch Investitionen an Schulen, Kitas und Verwaltungsgebäuden oder Ersatz für Feuerwehrfahrzeuge fallen unter die Regelung. Die Kommunen müssen allerdings nachweisen, wie sie die Kredite in den folgenden Jahren bedienen werden.

Hintergrund des Erlasses ist die aktuelle Niedrigzinsphase. Die Kommunen hatten bereits vor einem Jahr gefordert, die Beschränkungen zu lockern. Angesichts der jahrelangen Finanznot bestehe ein Sanierungsstau, der stetig den Wert der Infrastruktur verzehre, hatten die Landkreise argumentiert.

Markus Bauer (SPD), Landrat im Salzlandkreis, begrüßt die Änderung. „Der Erlass gibt uns die Möglichkeit, vor Ort wieder mehr Projekte anschieben zu können“, sagt er. „Wenn man nicht investieren kann, hemmt das eine ganze Region.“ Den Salzlandkreis drückt ein Schuldenberg in Höhe von rund 90 Millionen Euro. Die Haushaltskonsolidierung habe zuletzt kaum Raum für Investitionen zugelassen, die dem Landkreis nachhaltig zugute kommen würden, so Bauer. Der Landrat will unter anderem mehr Geld für Schulgebäude ausgeben.

Der Genthiner Bürgermeister Thomas Barz hält den Erlass ebenfalls für sinnvoll. „Entscheidend wird aber sein, welche Maßstäbe die Kommunalaufsichten anlegen und ob sie die Investitionen letztlich wirklich genehmigen werden“, sagt er.

Doch es gibt auch Kommunen, die neue Kredite skeptisch sehen. In Halberstadt (28 Millionen Euro Schulden) will man „lieber mit Augenmaß aus eigener Kraft investieren, statt neue Schulden anzuhäufen“, wie Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) sagt. Zwar müsse der Investitionsstau mittelfristig angegangen werden. Doch eines sei auch klar, so Henke. „Die neuen Kredite müssen ja auch regelmäßig bedient werden.“