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Kürzungspläne Landgestüt soll dem Rotstift zum Opfer fallen

In Prussendorf werden im Landesauftrag Pferde gezüchtet und trainiert, doch damit könnte bald Schluss sein.

Von Jörn Wegner 08.10.2016, 01:01

Prussendorf l Das Landgestüt in Prussendorf steht vor dem Aus. Die landeseigene GmbH soll in den kommenden zwei Jahren jeweils 2,5 Millionen Euro an den Landeshaushalt abführen. Außerdem soll der Zuschuss von derzeit 300 000 auf 100 000 Euro im Jahr 2018 zurückgefahren werden. „Der Geschäftsbetrieb des Landgestüts wird perspektivisch eingestellt“, heißt es zudem im Haushaltsentwurf der Regierung. Betroffen sind 28 Mitarbeiter und die rund 70 Pferde des Gestütes, darunter 15 Zuchthengste.

Die geforderten 2,5 Millionen Euro könne das Gestüt nur über Flächenverkäufe erzielen, sagt dessen Geschäftsführer Heinrich Mensing. Das riesige Gelände verfügt neben Stallanlagen, Reithallen und Verwaltungsgebäude auch über große Ackerflächen. 30 000 Euro pro Hektar könne man in der Region erzielen, sagt Mensing, 80 bis 85 Hektar müssten veräußert werden. Bislang betrieb das Gestüt auf den Flächen Landwirtschaft, die Produkte wurden am Markt verkauft.

Das Landwirtschaftsministerium gibt einen Fehlbetrag von rund 160000 Euro für das Jahr 2015 an. „Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ist schwierig“, heißt es aus dem Ministerium. Das Gestüt habe in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, die Lage zu verbessern. Allerdings seien die Unterhaltungskosten für die vielen Gebäude sehr hoch.

„In diesem Jahr kann es zum ersten Mal eine schwarze Null geben“, entgegnet Wolfgang Jung, Vorsitzender des Pferdezuchtverbands Brandenburg-Anhalt. Der Landwirt ist überzeugt, dass der Betrieb Gewinn erwirtschaften kann, allerdings nur mit den fruchtbaren Böden. Einen Verkauf hält er daher für kontraproduktiv. „Ich bin Landwirt, ich weiß, wovon ich rede“, sagt Jung gegenüber der Volksstimme.

Elf Landgestüte gibt es in Deutschland. Einzig die Stadtstaaten sowie Thüringen und Schleswig-Holstein besitzen keine. Für Jürgen Laue, den Präsidenten des Landesverbands der Reit- und Fahrvereine, ist der Umgang mit dem Gestüt in Prussendorf eine Frage des Wollens. Das finanzschwache Brandenburg bezuschusse sein Gestüt in Neustadt/Dosse schließlich ebenfalls mit Millionenbeträgen, sagt Laue. „In Moritzburg ist es noch etwas mehr, in Bayern 40 Millionen.“

Über 11 000 Mitglieder hat allein der Reit- und Fahrverband in Sachsen-Anhalt, mehr als 4000 der Pferdezuchtverband. Wolfgang Jung möchte nun den Widerstand gegen die Pläne organisieren. Wie genau, das weiß er noch nicht. „Vielleicht reiten wir vor das Parlament oder das Ministerium.“

Auf dem Gestüt herrscht Unruhe unter den Mitarbeitern. Landstallmeister Siegmund Hintsche will sich zu den Kürzungsplänen nicht äußern. Nur: „Ich bin jetzt 60 und habe alles hinter mir, aber es gibt hier viele junge Kollegen.“ Hintsche betont, dass das Landgestüt keinesfalls nur ein teures Hobby subventioniert. „Wenn Sie Kindern das Reiten beibringen, brauchen Sie später nicht die Drogentherapie finanzieren“, sagt der Landstallmeister.

Geschäftführer Mensing will nun prüfen, wie die Streichungsabsichten gemeistert werden könnten. Die Stimmung unter den Mitarbeitern sei allerdings schlecht, sagt er nach einer Betriebsversammlung. Ob es zu Entlassungen kommen wird und ob die Betroffenen an anderer Stelle weiterbeschäftigt werden, konnte das Landwirtschaftsministerium nicht beantworten.