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Landgericht Pistolen-Schuss im Regionalexpress

Ein 26-jähriger soll auf eine junge Frau in einem Regionalexpress geschossen haben. Er muss sich wegen versuchten Totschlags verantworten.

Von Matthias Fricke 17.08.2016, 01:01

Magdeburg l Eine 26-jährige Zielitzerin ist am 7. März dieses Jahres gegen 21.15 Uhr mit dem Regionalexpress zwischen Erfurt und Magdeburg unterwegs. Kurz vor dem Bahnhof Staßfurt wird die junge Frau Opfer eines versuchten Totschlags, wie am vergangenen Dienstag zum Prozessauftakt am Magdeburger Landgerichtes die Staatsanwaltschaft ihre Anklage formuliert.

An jenem Abend im März steigt ein 26-jähriger Mann in den Zug ein, das spätere Opfer sitzt bereits allein im Abteil. Der neue Fahrgast nimmt im Bereich der 1. Klasse Platz. Kurze Zeit später folgt ihm der Schaffner. „Ich habe nicht genau gesehen, was er da gemacht hat. Aber ich glaube, er hatte keine Fahrkarte“, erinnert sich die Frau später vor Gericht.

Mit einem Zettel, vermutlich der Ersatzfahrkarte, nimmt der junge Mann nun ihr gegenüber Platz. Sie guckt auf ihr Handy, um die Uhrzeit abzulesen. Als sie wieder nach oben sieht, blickt sie in einen Pistolenlauf. Der Mann sagt mit Nachdruck: „Halt‘s Maul!“ Die junge Frau schweigt.

Sie erkennt als ehemalige Büchsenmacherin, dass die großkalibrige Pistole keine originale sein kann. „Die ist nicht echt“, sagt sie und schiebt den Arm des Angreifers abwehrend zur Seite. Noch während sie ihren Kopf einzieht, drückt der Mann den Abzug. Eine Stahlkugel schlägt nur weniger Zentimeter über ihrem Schädel in die Wand des Zuges ein. In diesem Moment hält der Zug in Staßfurt. Der Mann flüchtet samt der Luftdruckwaffe.

Als das Opfer den Schaffner alarmiert, wird schnell klar, um wen es sich bei dem Angreifer handelt. Er hatte zuvor bei der Fahrkartenkontrolle seine Personalien angeben müssen. Für die Polizei ein Glücksfall, denn die Überwachungskamera im Zug funktionierte nicht.

Die Staatsanwaltschaft beantragt zügig einen Haftbefehl, der nur zwei Tage später nach einer weiteren Straftat in Staßfurt vollstreckt werden kann.

In einer Drogerie steckt Tino G. drei Flaschen Parfum ein. Diese will er später zu Geld machen, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. In der Haft erklärt er dem psychiatrischen Gutachter Bernd Langer aus Halle auch, dass er an jenem Tag noch ein halbes Gramm Crystal und ein wenig Marihuana konsumiert habe.

Ein Ladendetektiv erwischt den 26-Jährigen auf frischer Tat. Weil auch ein Polizist, der gerade Feierabend gemacht hat, zufällig dazu kommt, gelingt die Festnahme. Seither sitzt er in Haft. Zum Prozessauftakt schweigt er zu den Vorwürfen. Das Motiv seiner Tat im Zug ist völlig unklar.

Das Leben des Hartz-IV-Empfängers bestand bisher im Wesentlichen aus Beschaffungskriminalität und Rauschgiftkonsum. Das Zentralregister listet mehr als 30 Vorstrafen auf. Weil Bewährungen aufgehoben wurden, muss der Staßfurter bis Februar 2017 eine Haftstrafe verbüßen. Im aktuellen Fall würde sich die neue Freiheitstrafe anschließen. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.