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Landtag Die SPD verliert fast 100.000 Wähler

Die absoluten Stimmenzahlen zeigen, wie stark die Parteien Wähler mobilisiert haben.

Von Jens Schmidt 15.03.2016, 00:01

Magdeburg l Die absoluten Stimmenzahlen zeigen, wie stark die Parteien Wähler mobilisiert haben. Die beiden Gewinner heißen CDU und AfD. Die großen Verlierer sind SPD und Linke.

Die Sozialdemokraten haben gegenüber 2011 fast 100.000 Wähler und damit nahezu die Hälfte ihrer Anhängerschaft verloren. Die Partei konnte unter Katrin Budde nur noch 6 Prozent der Wahlberechtigten mobilisieren - das ist der schlechteste Wert seit 1990. Schaut man in die Regionen, so lassen sich keinerlei Hochburgen mehr ausmachen. Selbst im besten Wahlkreis Gardelegen-Klötze erzielt die Partei dürftige 13,1 Prozent der Stimmen. In einigen Wahlkreisen wie in Staßfurt oder Bitterfeld schrumpft die SPD mit 8 Prozent sogar auf das Niveau einer Kleinpartei.

Nicht besser sieht es bei den Personenstimmen aus: Nicht ein einziger Kandidat konnte seinen Wahlkreis gewinnen. Interessant: Die innerparteilich abgestraften Kritiker von Buddes Kurs wie Wolfgang Zahn (20%/Oschersleben) oder Ronald Brachmann (24%/Blankenburg) bekamen mit die besten Ergebnisse unter den SPD-Kandidaten.

Die AfD konnte aus dem Stand in allen Wahlkreisen kräftig punkten. Die Partei mobilisierte mehr als 270 000 Wähler. So viele Menschen erreichten weder Linke noch SPD bei den vergangenen vier Wahlen.

Es fällt auf, dass die Rechtskonservativen im Süden noch stärker sind als im Norden. Im Wahlkreis Bitterfeld überspringt die AfD die 30-Prozent-Marke. Dieser Trend spiegelt sich auch in den Gemeinde-Ergebnissen wider: In Schnaudertal (800 Wahlberechtigte/Burgenlandkreis) erreicht die AfD 39,5 Prozent - das ist das höchste Ergebnis. Nicht so stark zum Zuge kommt die Partei in den größeren Städten. In Magdeburg liegt das gemittelte Ergebnis bei 18 Prozent, in Halle bei 19,2 Prozent.

Ein starkes Parteienstimmen-Ergebnis war absehbar, doch viele Wähler machten auch bei der Erststimme ihr Kreuz hinter AfD-Kandidaten. Die Neulinge holten auf Anhieb 15 Wahlkreise. Selbst dort, wo prominente Kontrahenten antraten – wie in Sangerhausen, wo Maschinenbau-Ingenieur Andreas Gehlmann den CDU-Fraktionschef André Schröder hinter sich ließ. In Magdeburg I gewann Oliver Kirchner mit hauchdünnem Vorsprung von 29 Stimmen vor Edwina Koch-Kupfer, eine von der Linken zur CDU konvertierten Landtagsabgeordneten.

Auch AfD-Spitzenkandidat André Poggenburg siegte in seinem Wahlkreis Zeitz (31,6%) vor dem CDU-Kandidaten.

Für kleinere Parteien ist es schwierig, bei einer höheren Wahlbeteiligung die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen. Die Grünen sicherten sich dank ordentlicher Ergebnisse vor allem in den Städten (Halle III: 18 Prozent) aber wieder eine Stimme im Parlament. 58 226 Stimmen sind das drittbeste Ergebnis seit 1990. Die Fraktion schrumpft allerdings von neun auf fünf Abgeordnete.

Die Union ist zwar seit 2002 stärkste Kraft, doch sie verlor von Mal zu Mal absolute Stimmen und an Zugkraft. Dieser Trend ist gestoppt. Die Partei mobilisierte fast 335 000 Wähler, so viele wie seit 2002 nicht mehr. Im Heimatkreis von Ministerpräsident Reiner Haseloff erzielte die CDU mit 36 Prozent ihren Bestwert. In den Gemeinden reicht die Spanne von 43,7 Prozent (Altmärkische Höhe) bis 21,8 Prozent( Schollene bei Havelberg).

Bitter sind die Niederlagen vieler Kandidaten in ihren Wahlkreisen. Es erwischte unter anderem den langjährigen Dessauer Innenpolitiker Jens Kolze, der auch nicht über die Liste den Sprung in den Landtag schafft. Seinen Wahlkreis gewann hingegen der wegen Steuerermittlungen zurückgetretene Landtagspräsident Detlef Gürth. Er bekam in Aschersleben 28,9 Prozent - allerdings war dort kein AfD-Gegner angetreten. Erfolgreich war auch Innenminister Holger Stahlknecht im Wahlkreis Wolmirstedt, der mit 37,6 Prozent eines der besten Erststimmenresultate erzielte.

Die erfolgsverwöhnte Linke entfaltete nur wenig Anziehungskraft: Nicht einmal 10 Prozent der Wahlberechtigten konnte die Partei an sich binden. Das ist der zweitniedrigste Wert seit 1990. Ertmals seit 26 Jahren rutschte die Wählerzahl unter 200 000. Selbst in Halle und Magdeburg holten die Sozialisten dieses Mal keine Direktmandate. Auch Ministerpräsidenten-Kandidat Wulf Gallert scheiterte in Magdeburg IV mit knapp 20 Prozent. Einzige Ausnahme: Im Wahlkreis Köthen siegte Christina Buchheim ganz knapp mit 55 Stimmen Vorsprung auf den AfD-Kandidaten.

56 141 gültige Zweitstimmen musste eine Partei erzielen, um die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern. Die FDP kam auf 54 525 Stimmen – am Ende fehlten 1616 Kreuze. Die Liberalen hatten deutlich zugelegt, sie müssen nun aber weitere fünf Jahre außerparlamentarisch agieren. Am überzeugendsten war die FDP im Stammrevier Halle – sowie in Staßfurt, wo der Kandidat Johannes Hauser 9,5 Prozent erzielte.